Mit "Woanders" veröffentlichte Ringsgwandl sein bestes Album seit Mehr Glanz, also seit dem vorhergehenden, und eigentlich war das schon immer so. Stets war sein aktuelles Album vom Niveau und von der Qualität her gleichbleibend hoch. Ringsgwandl selbst hat in all diesen Jahren einen bemerkenswerten künstlerischen Wandel vollzogen, von den schrillen Auftritten der frühen Jahre, bestens nachzusehen auf der DVD Trulla! Trulla!, zum Liedschreiber, der seinen Humor ungleich subtiler einsetzt. Neu sind nicht nur die elf großartigen Lieder auf "Woanders", sondern auch der Aufnahmeprozess. Das Album wurde in einem Wohnzimmer aufgenommen, mit unverstärkten Instrumenten. Das machte neugierig, daher bat Manfred Horak den Musiker, Schriftsteller und Theaterautor Georg Ringsgwandl ein paar Fragen im Vorfeld seiner drei Österreich-Termine in Linz (Posthof, 22.3.), St. Pölten (Bühne im Hof, 23.3.) und Salzburg (Szene Salzburg, 24.3.) zu beantworten.
Kulturwoche.at: "Schenk ma no an Wodka ein / Die Welt ist kompliziert", hast du 2006 auf dem Album Der schärfste Gang gesungen. Seither sind die Wodkapreise gestiegen, so wie die Welt noch komplizierter geworden ist - möglicherweise gibt es da sogar eine Kausalität. Wie findest du dich zurzeit in dieser Welt zurecht?
Georg Ringsgwandl: Ich schaue, dass humane Verhältnisse herrschen, soweit mein Arm reicht, und versuche mich, nicht verrückt zu machen mit dem, was weiter weg passiert.
Wie würdest du die Demokratie definieren, in der du lebst, in der wir leben?
Tja, Demokratie hat den Vor- und Nachteil, dass jeder wählen darf, der alt genug ist. Das haben uns die Amerikaner vor einiger Zeit aufs Auge gepresst. Den Amis sei Dank, denn was vorher war, war eine Katastrophe. Ich glaube, Churchill hat es am besten beschrieben: Die Demokratie ist furchtbar, aber was Besseres ist uns noch nicht eingefallen.
Als Künstler hast du eine bemerkenswerte Wandlung vollzogen, die, nehme ich an, aber auch notwendig war, um Qualität und Niveau hochhalten zu können. Wie schwer oder leicht fällt es dir heute neue Lieder zu schreiben im Vergleich zu vor 20 Jahren?
Es ist immer noch so wie damals, manchmal wie aus dem Ärmel geschüttelt und manchmal sauschwer, und beides unverständlich.
Dass Bob Dylan den Literaturnobelpreis erhielt, stieß nicht überall auf Zustimmung. Welche Meinung hast du dazu?
Ich meine, es war eine gute Wahl. Andere hätten ihn genauso "verdient", aber warum nicht mal einen Liedermacher auszeichnen. Was er an Text geschaffen hat, braucht sich auch vor den größten reinen Schriftstellern nicht verstecken.
Mit David Bowie, Leonard Cohen und Prince sind drei der ganz großen und einflussreichen Musiker gestorben. Die Vergänglichkeit des Seins ist gemein, aber unveränderbar. Einflüsse von Prince sind in deiner Musik immer wieder mal durchgeklungen. Ist dein Lied "Furchtbar" eine Art Verbeugung vor Prince?
Ja, in diesen Song hat der Geist von Prince hineingeblasen. Es ist eine musikalische Verbeugung vor so Leuten wie ihm oder Marvin Gaye.
Ich habe gehört, dass dein Album "Woanders" in Dylan-Fan-Kreisen stimmungsmäßig mit Dylans Time Out Of Mind verglichen wird. Ich nehme an, dass Lieder wie "Krattla von Minga" und das Titellied zu dieser Meinung beitragen bzw. generell der Fakt, dass du mit Band ein Album mit unverstärkten Instrumenten im Wohnzimmer aufgenommen hast. Möglicherweise aber auch, weil die "Highlands" von Dylan so nah und doch ganz woanders sind als die "Oberpfalz" von Ringsgwandl, was weiß ein Fremder. Kurz gefragt: Ist dieser Vergleich zulässig, bzw. ist es dir lieber mit Dylan verglichen zu werden als mit Karl Valentin und Helmut Qualtinger ("Punk-Qualtinger und Valentin des Rock’n’Roll"; Die Zeit; dieses Zitat hängt dir bis heute nach) oder sind dir jedwede Vergleiche unangenehm, rühren sie dich zu Tränen, sind sie dir egal, ärgern sie dich, amüsierst du dich darüber?
Solche Vergleiche ehren mich natürlich, und wer ist nicht gern geschmeichelt, aber deswegen bin ich noch lange nicht in einer künstlerischen Liga mit den Genannten. Ich übe mich in Demut. Sobald man sich Gedanken über seinen Platz in der Geschichte macht, versinkt man schon in der Lächerlichkeit.
Welche Erkenntnisse nimmst du aus diesem Aufnahmeprozess zum Album "Woanders" mit?
Es gibt nichts Schöneres in der Musik, als miteinander zu spielen. Einer hört dem anderen zu, die Gitarre reagiert auf den Gesang und der Bassist auf die Gitarre, die Perkussion hält alles zusammen und reagiert ihrerseits auf die Band. Wenn man dann noch einen gelungenen Song hat, ist der Tag vollkommen. Das Spielen mit unverstärkten Instrumenten in einem Raum führt zu einer wesentlich feineren Art von Musik als Studioaufnahmen, bei denen jeder akustisch von den anderen getrennt in einer eigenen Kabine sitzt. Allerdings setzt diese einfache Art von Aufnahmen Musiker voraus, die hervorragend aufeinander eingespielt sind und sich gegenseitig respektieren plus einen ausgefuchsten Toningenieur.
Welchen Stellenwert räumst du nach mehr als 30 Jahren Bühnenerfahrung noch Live-Konzerten ein und wie schaffst du es, das Feuer aufrechtzuerhalten, die Energie, nicht uninspiriert zu klingen?
Ich glaube, je mehr unsere Welt digitalisiert wird, desto höher der Wert von Livekonzerten. Ob die Auftritte dann noch frisch und inspiriert klingen, liegt an einem selber. Das kann man nicht vorgaukeln, man hat es oder nicht.
Außer zu deinen Konzerten zu pilgern und deine Alben zu kaufen, welche Tipps für Kunst- und Kulturinteressierte kannst du geben?
Wenn jemand an den Menschen interessiert ist, landet er über kurz oder lang bei der Kunst, und dann ist es ziemlich egal, ob er/sie/es sich eine Kunstausstellung, ein Buch oder einen Film vornimmt. Ich glaube auch nicht, dass es aktuelle Sachen sein müssen. Werke, die schon etwas abgelagert sind, erweisen sich oft als deutlich ergiebiger. Nicht nur die Erzeugnisse der alten Griechen, auch modernere G’schichten wie die aus dem 15. Jahrhundert sind teils sehr erleuchtend. //
Ringsgwandl - Woanders
Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: Blankomusik (2016)
Die nächsten Österreich-Termine:
22.3. Linz, Posthof
23.3.. St. Pölten, Bühne im Hof
24.3. Salzburg, Szene Salzburg
Interview und Text: Manfred Horak
Fotos: Blankomusik
Es ist immer noch so wie damals: Interview mit Georg Ringsgwandl
von Manfred Horak
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