"Das größte Haus hat Springsteen bekommen", sagte mal der Singer/Songwriter Loudon Wainwright III darüber wer welche Rolle als (theoretischer) Nachfolger Bob Dylans einnahm bzw. einnimmt.
"We're a long, long way from home, Bobbie", singt denn auch Mr. Springsteen im Titelsong seines neuen Albums "Devils & Dust", das in mehrfacher Hinsicht einer Hommage an Bob Dylan gleichkommen mag, nicht nur, weil Bruce Springsteen in diesem Song noch weitere Anleihen an Dylans Schaffen nimmt, wie z.B. in der Textzeile "I got God on my side/I'm just trying to survive", sondern auch mit dem Albumtitel selbst, das gewissermaßen auch als Antwort auf Dylans Titelgebung seines bislang letzten Albums 'Love and Theft' gesehen werden kann. Ging es bei Dylan also um "Liebe und Diebstahl" so sind's bei Springsteen "Teufel und Staub".
Aber auch was die musikalische Inszenierung betrifft begibt sich Springsteen zum Teil in Dylan'sche Gefilde (und beinahe schon unverschämt in "The Hitter"), wenn er nicht gerade versucht ohne E-Street Band (warum eigentlich ohne, Mr. Springsteen?) wie Springsteen & The E-Street Band zu klingen ("Long Time Comin'"). Was ja alles nicht weiter stört, gäbe es nicht noch zusätzlich diese Bemühungen dreckig und möglichst unverständlich zu singen, Laute zu verschlucken und auf möglichst "abgefuckt" und "übercool" zu machen, was bereits Richtung Lächerlichkeit geht, weil er offenbar Künstlichkeit mit Authentizität verwechselt. Im Gegensatz zu z.B. Tom Waits (der im übrigen immer schon jene Lieder schrieb, die Springsteen auch gerne geschrieben hätte; wie z.B. "Time", "Downtown Train" oder "Jersey Girl" um nur drei Beispiele zu nennen), der als Kunstfigur immer authentisch wirkt, ist die Performance von Springsteen auf "Devils & Dust" (aber freilich auch auf früheren Alben) oft eine Gratwanderung zwischen den Fragen "Glaubt ihr's mir noch?" und "Bin ich das wirklich?"
Ganz schlimm offenbart sich dies in "Reno", das bloß ein weiterer gescheiterter Versuch ist so dreckig wie Tom Waits zu klingen. Das Paradoxe an dem Ganzen ist ja, dass "Devils & Dust" dennoch das beste Album von Springsteen seit "Tunnel of Love" ist, dank Songs wie das bereits erwähnte Titellied, sowie "Maria's Bed", "Long Time Comin'", "Silver Palomino" und "Jesus was an only Son". Der Rest, leider, blendet ziemlich stark. (Manfred Horak)
Musik: @@ bis @@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: Columbia/Sony BMG (2005)