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bob-dylan-together-through-Ob es ein Meisterwerk ist? Es ist wie die meisten Werke des poetischen Musikanten. Vielsagend, aber keine Überraschung, auf die man bei Bob Dylan immer wieder wartet. Weniger hintergründig, mehr spielfreudig. Trotzdem lässt Album Nr. 46, das unter dem Titel "Together Through Life" firmiert, Dylanianern ein großes Feld an Frei- und Spielraum.

Man kann wollüstig spekulieren und interpretieren. Was will er uns sagen, wo sind die die göttlichen Botschaften versteckt. Ist er alt geworden? Hat seine Poesie einen Riss? Schimmert das Profane durch? Eines ist sicher, die Dylan-Adoranten haben ein neues Masterpiece für den Altar. Auch wenn man sich nicht ganz dazu zählt. Der Zehnerpack an Songs hat etwas, das - zumindest bei mir - kein Quickie erlaubt. Man muss die CD öfter zulassen, muss ihr die Möglichkeit geben, zu wachsen. Und das tut sie. Aber nur dann, wenn man bereit ist, sich auf den Zimmermann wirklich einzulassen. Nur Blues- oder Texmex-Fan zu sein ist mit Sicherheit eine Spur zu wenig.

Das Mystische und die Zwischenzeilen waren schon immer ein Element des Meisters. Wobei diesmal das Mystische sicher nicht in den Texten zu finden sein wird. Es bleiben also Fragen im Raum. Aber tragfähige Kunst ist nicht dafür geschaffen, Fragen zu beantworten, sondern sie aufzuwerfen. Wie man weiß, hat Komponist, Autor und Producer (alias Jack Frost) Dylan mit seiner Tourband (Donny Herro, git, banjo, trumpet // Tony Garnier, bass // George Recile, drums) für den Filmproduzenten Olivier Dahan den Titel "Life is Hard" aufgenommen. Es dürfte im Studio Spaß gemacht haben. Wahrscheinlich waren gerade Los Lobos Akkordeonist David Hidalgo und Mike Campbell im Nebenstudio und hatten etwas Zeit. Vorstellbar ist auch, dass Robert Hunter (von Grateful Dead) auf einen Kaffee vorbeikam und ein paar Textfragmente in die Runde warf.

Dass daraus das Album "Together Through Life" wurde, war vielleicht gar nicht klar. Die Tracks klingen allesamt nach First Take-Recordings und die Blues-Kompositionen spielen die agierenden Musiker jederzeit ohne Probe nach Hause. Es gibt kaum solistische Einlagen und manchmal hat man mit den Musikern Mitleid, etwa mit Hidalgo auf "If You Ever Go To Houston" bei fast 6 Minuten Unterforderung. Aber es gehört auch zur Magie der Musik, dass die Wirkung nicht von einer kompositorischen Meisterleistung abhängt. Bauchfeeling und die Muskeln des Wortes sind die treibende Kraft im so vielschichtigen Eros-Blues-Universum. Ich möchte die Strahlkraft von "Together Through Life" nicht schmälern, immerhin hat das Werk bereits zahlreiche No.1 Positionen aufzuweisen. Meine Freundin war gleich begeistert. Allerdings hat sie anfangs geglaubt, es wäre Tom Waits, der da zelebriert. Seitdem läuft die CD öfter als geplant und ist mittlerweile guter Freund geworden. Irgendwann wird er uns verlassen und in den Tiefen des CD-Regals ein zeitloses Dasein fristen.

Ein Wort zum Design: das dürftige Outfit der CD lässt darauf schließen, dass der Meister nicht vom musikalischen Schaffen ablenken möchte. Da muss man denn schon zur Deluxe Version greifen. Der nächste logische Schritt wäre, überhaupt nur mehr auf die Homepage des Künstlers zu verweisen. Da die Retrowucht und das Zeitlose des Albums doch beeindruckend sind, kann man "Together Through Life" getrost über Durchschnitt einreihen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Außer Sie sind Dylanianer. Aber dann hat all das hier Geschriebene sowieso keine Gültigkeit. //

Text: Rudi Spreitzer

CD-Tipp:
Bob Dylan - Together Through Life
Musik: @@@@@
Text: @@@@
Klang: @@@@@ (bei Retroeffekt)
Label/Vertrieb: Columbia/Sony BMG (2009)

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