Hendl vom Holzkohlengrill, friedliche Atmosphäre, klasse
Musik. Die Lässigkeit des Daseins atmen kann man immer noch am Besten bei den kleinen
und mittleren Festivals, die quasi der Gegenpol zu den größenwahnsinnigen
Festivals wie Nova Rock sind. Das Internationale Musikfest Waidhofen/Thaya also.
Familiarität steht im Vordergrund, diese spiegelt sich in der Gesamtgestaltung wider,
und natürlich auch in musikalischer Hinsicht. Die Mischung macht's aus. Internationale
Musiker und Bands sind - dem Festivaltitel gemäß - genauso zu hören wie
Musikbotschafter aus Österreich. Und weil das Wetter - im Gegensatz zum
Musikfest - ja äußerst unbeständig ist, Frage an Festivalleiter Herbert Höpfl,
unter welchen Umständen das Musikfest gefährdet ist. Höpfl: "Selbst im Jahr
2006, als das Hochwasser die nahe gelegene Stadt Raabs komplett unter Wasser
stellte, haben wir zur selben Zeit das Musikfest - und das direkt neben der
Thaya - durchgeführt. Es wurde damals allerdings ein Teil des Campingplatzes
gesperrt, sodass die Besucher nicht zum Wasser gehen konnten. Das hat sich
damals bewährt. Ein 2. Campingplatz ist auf der anderen Seite des Parkplatzes,
der zwar auch neben der Thaya ist, aber dort ist die Thaya bereits in einem
sehr tiefen Flussbett und kann nicht ausufern. Eine Turnhalle würde es geben,
das wäre aber dann der letzte Schritt, den wir setzten, in 30 Jahren haben wir das
noch nie gebraucht. Das Festival wird also stattfinden. Natürlich gibt es
höhere Gewalten, die niemand vorhersagen kann, prinzipiell sind wir aber sehr
zuversichtlich."
Freitag, 3. Juli 2009
Eröffnet wird das 30. Musikfest am 3. Juli um 17 Uhr mit der
Waldviertler Formation C. Volf & Band. Dahinter verbirgt sich Claudia Volf,
die sich seit mehr als einem Jahrzehnt dem Folk, Rock & Blues widmet und früh
ihre Stimme als Ausdrucksmittel mit befreiender Wirkung entdeckte. "Die
Spielfreude zählt, nicht die Bühnenshow", so das Motto der 36-jährigen Sängerin
und Gitarristin. Die zielstrebige Waldviertler Musikerin wird das
Jubiläumsfestival mit einer Mischung aus Blues, Folk, Balladen bis hin zu
berührend- witzigen Songs eröffnen. Danach - um 19 Uhr - geht's ab nach New
Orleans, na ja, zumindest musikalisch, und zwar mit der österreichischen Band Mammut
Horns, einem Klang gewordenen Schmelztiegel, der den Blick auf ein produkti ves
Miteinander unterschiedlichster Musiktraditionen erlaubt. Elemente des New
Orleans Jazz, verbunden mit HipHop Grooves, irischer Musik und arabischen
Skalen sowie Mundartmukke über Reggaerhythmen verschmelzen zu einer neuen
Klangsprache. In den Reihen der Mammut Horns stehen Top-Musiker der
österreichischen Jazzszene. So war z. B. Bandleader Raoul Herget bereits 1993
Dirigent des Symphonieorchesters, welches Falco in Wr. Neustadt vor 10.000
Besuchern begleitete. Um 21:30 Uhr heißt es Bühne frei für Soul aus Texas mit Singer/Songwriterin
Ruthie Foster, die mit Songs beeindruckt, die wertvollste Ingredienzien aus
Blues, Gospel, Folk und Soul beinhalten, aber dennoch einen strikt heutigen
Sound haben. Wegen ihrer berührenden Stimme wurde sie bereits des Öfteren mit
Aretha Franklin und Ella Fitzgerald verglichen. Auf ihrem jüngsten Album "The
Truth According To Ruthie Foster" präsentiert sie einen geradezu
unwiderstehlichen, groovigen Mix im Spannungsfeld von R&B, Folk, Blues und
klassischem Southern Soul. Das wäre dann aber noch lange nicht alles, mit Axel
Zwingenberger und Vince Weber legt der letzte Act des Tages nämlich um
Mitternacht los. Damit wird ein lang ersehnter, jedoch aus terminlichen und
technischen Gründen nie realisierter Wunsch des Clubs in Erfüllung gehen,
nämlich die beiden größten Boogie-Pianisten Europas vereint auf eine Bühne zu
bringen. Und damit sich die beiden nicht streiten, sich aber musikalisch
duellieren können, wird jeder von ihnen mit einem eigenen Flügel ausgerüstet.
Waidhofen verleiht eben Flügel!
Samstag, 4. Juli 2009
Ausgeschlafen? Hoffentlich, am samstägigen
Unabhängigkeitstag beginnt es nämlich schon um 11 Uhr, und zwar - durchaus
US-kompatibel - mit einer Blues-Matinee mit der bereits legendär nennen zu
könnenden Waldviertler Band Bluespumpm,
jenem Phänomen, die für sich in Anspruch nehmen kann, bereits beim 1. Musikfest
1980 dabei gewesen zu sein. Um 13:30 Uhr feiert sich dann das Musikfest quasi
selbst. Motto: "40 Musiker/innen, 30 Jahre Folk Club, 20 Songs - Jetzt wird der
Saumist fliaggad!" als Hommage an alle Waldviertler Musiker, die in den letzten
30 Jahren durch die Türen des Folkclubs gewandert sind. Hier wird der Versuch
gewagt, mit einer kleinen Auswahl ebenjener Musiker einen musikalischen
Rundumschlag zu starten. An die 40 Musiker gestalten ein 2-Stunden-Programm,
das hauptsächlich aus Eigenkompositionen besteht und von unterschiedlichsten
Stilrichtungen geprägt ist - Blues, Rock, Jazz, Folk... - und dazu gibt es
Musikanekdoten, erzählt von Herbert Höpfl. Um 17 Uhr wird es dann mit dem Dobrek
Bistro kosmopolitisch. Das Quartett bezieht sich mit seinem Namen sowohl auf
die virtuose Rasanz ihrer Darbietungen als auch auf die melancholische Eleganz,
die Dobrek, der für alle Kompositionen verantwortlich zeichnet, am Pariser
Mus ette-Walzer so liebt. Musette, lateinamerikanische Formen wie Salsa, Tango
und Bossa Nova, Jazz, Gipsy Swing, klassische Einflüsse, die Musik des Balkans
und Orients, der Roma und Juden Osteuropas sowie slawische Volksmusik sind die
Zutaten dieser Stilmelange, für deren Bezeichnung Etiketten wie "Fusion" oder "Crossover" bereits zu abgegriffen sind. Ihre Küchengeheimnisse lasse man sich
am besten vom Maître de Cuisine, Krzysztof Dobrek, beschreiben: "Bei uns klingt
der Salsa zigeunerisch, der Tango wienerisch, der Jazz jiddisch und die Musette
hat einen russischen Touch." Gänzlich andere musikalische Wege beschreitet die
österreichische Formation A Life, A Song, A Cigarette. Die schon nach ihrem
Debüt "Fresh Kills Landfill" gefeierte Indie-Countryband aus Wien geht unbeirrt
ihren Weg Richtung westlicher Teil der USA, zitiert ungeniert Akkordfolgen, wie
sie sonst nur in Nashville gespielt werden, und kombinieren gesanglich und
textlich die Sensibilität und Verletzbarkeit mit druckvollen, intensiven
Gitarren. Mit Mike Stern & Band betritt um 21:30 Uhr einer der ganz Großen
die Waldviertler Bühne. "Innovativ. Hochtalentiert. Unglaublich vielseitig.
Einer der größten Gitarristen seiner Generation." Solche und ähnliche Attribute
begleiten Mike Stern, Jazzgitarrist mit Background im Rock- und Bluesbereich,
der nach seinem Einstieg bei Blood, Sweat & Tears im Jahre 1975 stets in
der Top-Liga der Jazz- und Jazzrockformationen zu finden war und ist: Miles
Davis holte ihn 1981 in seine Comeback-Band, in der ihm eine Schlüsselrolle
zukam. Zweimal "Bester Jazzgitarrist des Jahres", dreimal Grammy-nominiert,
präsentiert der heute 56-jährige seine Band, in der er drei Superstars der
Jazzrock-Szene versammelt hat, darunter kein Geringerer als Dave Weckl. Der
Ausnahme-Schlagzeuger gilt als einer der Top-25-Drummer weltweit. 1985 trat
Weckl in der Chick Corea Elektric Band bei und wirkte auch in Coreas Akoustic Band
mit. Es folgten sieben Jahre, in denen er seine bemerkenswerten Fertigkeiten
zum Ausdruck bringen konnte, was ihm weltweite Anerkennung verschaffte. 1989
gewann er mit der Akoustic Band einen Grammy. Und noch eine musikalische
Sensation steht am Programm. Die samstägliche Mitternachtsband KAL präsentieren
Roma-Traditionen ihrer Vorväter in neuem, urbanem Gewand. Einflüsse aus Pop,
Rock und Punk, aber auch aus dem Orient, sind unüberhörbar. Der charmante
Handschlag von modernem Selbstverständnis mit den Traditionen ebnet dem einen
und anderen Titel vielleicht sogar den Weg in westliche Pop-Charts. Die ganz in
schwarz gekleideten jungen Herren empfehlen ihrem tanzwütigen Publikum
besonders halsbrecherische Stücke selbstbewusst als "Rock'n'Roma".
Sonntag, 5. Juli 2009
"He, habt ihr irgendwo meinen Kater gesehen?"
"Ja, der ist
beim Frühstück!"
Das Sonntags-Matinee um 10:30 Uhr beschert die Jazzhouse
Ramblers, jene traditionelle Dixieland-Band
aus Krems. Mehr Erklärungen sind auch gar nicht notwendig, vielleicht nur noch
so viel: "Swing & enjoy!" Um 14:30 Uhr werden dann endlich einmal im
speziellen die Kinder musikalisch gefordert. "Eine Reise durch die Weltmusik"
verspricht das Kinderprogramm von Timna Brauer und dem Elias Meiri Ensemble. Indem
das Kinderpublikum aktiv in das musikalische Geschehen einbezogen wird,
entdeckt es "am eigenen Leib" diverse Stimmtechniken, Rhythmen und Tänze dieser
Welt. Es geht um alles, was nur irgendwie mit Klang und Rhythmus zu tun hat. Da
wird Sirtaki geschnipst und "Hänschen klein" auf die Backen getrommelt, werden
Nationalitäten anhand von Liedern geraten und Eltern zum Jodeln auf die Bühne
geschleppt. Nach dem Jodeln gehört mit Wolfgang Puschnig Red Sun &
SamulNori eine Formation aus Österreich, USA und Korea die Bühne. Die Musik von
SamulNori, dem koreanischen Percussion-Ensemble, ist von fesselnder Kraft. Sie
spricht zu den Elementen und für die Elemente. Die Metall-Instrumente, die
großen und kleinen Gongs - das ching und das k'kwaengwari - sollen den Himmel
repräsentieren. Die Holz- und Fell-Instrumente, das changgo (hour-glass drum)
und das buk (barrel drum) repräsentieren die Erde. Die Doppel-Heads des changgo - tief und hoch gestimmt - erlauben zwischen Erde und Himmel zu vermitteln, das
aufblühende Anschwellen des ching "umfasst alle Natur in ihrem Widerhall". Oder,
anders formuliert: Die Performances von Samul Nori umfassen Rituale des
Schamanismus, traditionelle Nongak-Musik und moderne Kompositionen. Blues &
Rock gibt es dann um 19 Uhr mit Walter Trout & Band. Trout, der 1951 in
einem musikbegeisterten Elternhaus in Ocean City, New Jersey, geboren wurde,
vernahm bereits in jungem Alter den Ruf der Musik. Walter erlebte einen "Wendepunkt" in seinem Leben, als seine Mutter ein Treffen mit den
Jazz-Legenden Duke Ellington, Cat Anderson, Johnny Hodges und Paul Gonsalves zu
Walters zehntem Geburtstag arrangierte. Und so wurde eben aus dem kleinen
Walter ein großer Trout mit bisher über 500.000 verkauften Tonträgern. Das
Musikfest wird zu diesem Zeitpunkt bereits längst eine ausgelassene
Partystimmung pflegen, dabei steht das Abschlussspektakel ja noch an. Um 22 Uhr
betritt mit dem Hot Pants Road Club und dem 16-köpfigen Grand Funk Orchestra
die Holzbühne und wird mit Groove und Power das Festival würdig beschließen. (Text: Manfred
Horak/pt; Fotos: Lukas Beck, dons, Herbert Höpfl, Archiv Musikfest)
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