Zwei Menschen, ein Mann und eine Frau, spielen in "Die schönen Tage von Aranjuez" von Peter Handke unter der Regie von Luc Bondy ein Spiel, erzählen sich Geschichten davon wie es war, wie es sein kann, wie es sein könnte...
Es gibt nicht viel zu wissen oder viel zu verstehen. Die beiden Personen auf der Bühne erzählen einander und aneinander vorbei. Dabei versuchen sie imaginären Spielregeln zu folgen, die nicht so leicht zu erkennen sind. Nur, dass die Antworten ausführlich sein müssen, vor allem wenn es um die Liebeleien der Frau geht. Der Zuseher versucht zu folgen und wenn sich ein roter Faden ergibt, ist er auch schon wieder verloren; dazwischen gibt es Längen, in denen der Dialog zwischen beiden abreißt und unsinnig wird.
Begegnungen, die nicht immer glücklich enden
Bis zum Ende ist nicht klar, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen. Sind sie ein langjähriges Paar, das sich die eigene Liebesgeschichte immer wieder erzählt, dabei in Vorwürfe abgleitet und die Rettung der einstigen Liebe versucht? Ist es eine kurze Liebe, die sich gerade trennt? Dafür Regeln erfindet: was könnte sein, was wird, was war? Oder sind es doch zwei Fremde, die einander nur begegnet sind und in die Lust des Phantasierens eintauchen? Wechselnde Kostüme, aus unterschiedlichen Epochen, mit unterschiedlichem Symbolcharakter. Da klebt er Bärte und sie wechselt die Kleider. Es lässt sich nicht herausfinden, ob es sich danach noch um dieselbe Figur oder eine andere handelt. Das Paar austauschbar, steht für viele Paare, für Begegnungen - die nicht immer glücklich enden.
Was erkennbar ist und bleibt, sind die Geschlechter
Die Frau - selbstsicher, sexy, verführerisch - immer wieder am Rande des Zerbrechens. Werbend um Zuneigung und gesehen werden. Er - verhalten, verunsichert und unentschieden - ausweichend mit Gesprächen über Botanik, Tiere und anderes, wenn die Sprache auf ihre Befindlichkeit kommt. Immer wieder eine Liebeserklärung, versteckt und hoffend. Die Szenen aneinander gereiht, scheinbar ohne Zusammenhang. Diesen stellt der Zuschauer, jeder für sich, selbst her.
Und eben dieser, nicht genau definierte Inhalt macht schließlich auch den Reiz des Stücks aus. Eine durchgehende Dramaturgie oder Personeneinführung gibt es nicht. Was erkennbar ist und bleibt, sind die Geschlechter: Mann und Frau, die sich begegnen. Alles andere bleibt unklar, offen und kann mit den eigenen Vorstellungen, Zuschreibungen und Interpretationen versehen werden.
Die Zeit, die es dauert, bis alle Sätze, die sprachlich oft hochgegriffen und zu poetisch für einen Sommerdialog scheinen, ist gefüllt mit dem Versuch eine Handlung zu erfassen und die Personen einzuordnen, ihre Identität feststellen zu können. Diese Zeit wird beim Versuchen manchmal etwas lang. (Text: Susanne Janowsky-Winkler; Fotos: Ruth Walz)
Kurz-Infos:
Die schönen Tage von Aranjuez
Bewertung: @@@
Buch: Peter Handke
Regie: Luc Bondy
Schauspieler: Dörte Lyssewski und Jens Harzer
Kritik zur Aufführung am 2.6.2012 im Akademietheater bei den Wiener Festwochen