Im Tresor vom Bank Austria Kunstforum Wien gibt es erstmals die Gelegenheit eine Auswahl der Werke von Özlem Sulak zu sehen, jener bemerkenswerten Künstlerin, in deren Werk sich Erfahrungen von Heimat und Fremde, von kultureller Identität und Migration, von Sprache und Fremd-Sprache wieder finden. Das Interview mit der Künstlerin und mit der Kuratorin Heike Eipeldauer fand im Rahmen der Katalogpräsentation statt.
1979 in der Türkei geboren hinterfragt sie in ihrem Schaffen als Künstlerin gewissermaßen das aktuelle Europa. Und Erfahrungen mit dem europäischen Ausländerrecht hat sie bereits jede Menge gemacht. Ihre bisherigen Stationen waren nämlich neben einem Studium in Istanbul, Aufenthalte in Liverpool, in Bremen, Lyon, sowie aktuell in Paris und Hannover. Historische Ereignisse wie der dritte türkische Militärputsch und massive Zensur von Büchern sind dabei ebenso Gegenstand ihrer Arbeiten wie generell die individuellen Lebenssituationen als türkische Künstlerin in Westeuropa. Dennoch sieht sich Özlem Sulak nicht als dezidiert politische Künstlerin, sondern vielmehr als eine Künstlerin, die ihre privaten Erlebnisse in eine Art politische Verortung einbringt, denn schließlich ist ja das ganze Leben politisch, ob man nun will oder nicht.
Politische Willkür stand am Beginn des Gesprächs mit der Kuratorin Heike Eipeldauer und mit Özlem Sulak. Dabei erzählte ich ihr kurz vom Roman "Der Scherz" vom tschechischen Autor Milan Kundera. Der Protagonist in dem Roman ist ein Student, der seiner Freundin eine Postkarte schreibt mit den Worten: "Optimismus ist das Opium der Menschheit! Ein gesunder Geist stinkt nach Dummheit! Es lebe Trotzki!" Daraufhin fällt er bei der Regierung in Ungnade und muss mehrere Jahre als Systemgegner in einer Kohlengrube arbeiten. Aus diesem Gedankengang heraus ergab sich die erste Frage, ob Özlem Sulak jemals Angst hatte aufgrund ihrer künstlerischen Arbeit in Schwierigkeiten zu kommen. //
Interview und Text: Manfred Horak
Fotos: KulturKontakt Austria, Özlem Sulak