mit den Schlagworten:
tinariwen_cover

Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: skycap/Lotus Records (2007)

Macht Tinariwen nun Worldmusic im "klassischen" Sinn oder haben sie sich an die herrschenden Trends angepasst? Sind die als "Rolling Stones" der Wüste bezeichneten Musiker nun "echte" Touaregs oder haben sie nicht nur die Instrumente, sondern auch ihre Identität gewechselt? Es ist eine akademische Diskussion, ein Streit um des Kaisers Bart und um dem Ganzen noch einen oben drauf zu setzen und weil es Spaß machen kann einen Pudding an die Wand zu nageln fragen sich die Eierköpfe der Musiktheorie auch noch, ob es politisch korrekt ist wenn in Frankreich lebende Musiker in arabischen Gewänder gehüllt die Bühne betreten und ein Konglomerat von unterschiedlichsten musikalischen Einflüssen als "Ihre" Musik bezeichnen.

Desert Blues 

Apropos akademisch: "Die Touareg", so kann man in jedem Lexikon nachlesen, "sind ein zu den Berbern zählendes Volk in Afrika, dessen Siedlungsgebiet sich über die Wüste Sahara und den Sahel ausbreitet. Ihre Sprache ist das Tamascheq. Sie leben seit Jahrhunderten nomadisch im Gebiet der heutigen Staaten Mali, Algerien, Niger, Libyen, Mauretanien, Burkina Faso und Nigeria und zählen heute etwa eine Million Menschen. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu Aufständen der Touareg, die sich dabei behindert fühlen, ihre traditionelle nomadische Lebensweise fortzuführen. Die verlorene oder versunkene Oase Gewas ist in der Touareg-Kultur ein wichtiges Symbol. Sie steht bei ihnen für die Sehnsucht nach einer vollkommenen, paradiesischen Welt voller Reichtümer und Überfluss. Dieser imaginäre Gegenentwurf zur unbarmherzigen und kargen Wirklichkeit der Wüste dient ihnen als eine Art Trost. In der Vorstellung der Touareg kann nur derjenige diesen legendären Ort wirklich finden, der im Grunde nicht bewusst und gezielt nach ihm sucht." Soweit also zum akademischen Teil an dieser Stelle.

Globaler Appeal

Die Band fühlt sich also der Tradition der Touraegs verpflichtet und erzählt in den Liedern von der Einsamkeit, vom Verlust der Kameraden im Kampf, vom Leben im Exil und der Enttäuschung nach der Rückkehr. Sie haben die traditionellen Instrumente gegen Fender Gitarren getauscht und machen ihre "Rebel Music" ganz im Sinne der Neuzeit, die auch den Nomaden der Wüste nicht ohne Spuren vorüberzieht. Es ist ein magischer, fast hypnotischer Sound den etliche Kollegen mehr als schätzen. So sagte Carlos Santana: "To share this stage with Tinariwen is a real joy because when I hear them I hear the beginning of the music of the Mississippi and of Muddy Waters, Jeff Beck, BB King, Little Walter, Otis Rush, Buddy Guy - this is where it all comes from, they are the originators." Ihre Musik ist jedoch nicht nur Ausdruck ihres Lebens zwischen Kampf und Poesie, sondern hat einen globalen Appeal. Auf ihrem neue Album "Aman Iman" – was in Tamashek, der Sprache der Touareg, soviel wie "Wasser ist Leben" bedeutet – besinnt sich Tinariwen wieder auf seine Wurzeln und öffnet gleichzeitig neue musikalische Horizonte. Die Musik ist ungeschliffen und direkt und bleibt so seiner Herkunft aus der Sahara treu, integriert aber gleichzeitig neue Aspekte und entwickelt sie zu einer musikalischen Bandbreite. Es ist ein mystischer, magischer, hypnotischer Blues den Tinariwen auf "Aman Iman -  Water is Life", produziert. Blues aus der Wüste mit all seiner Unendlichkeit und all dem Sehnen, dass dem Blues eben innehaftet. (akro)