The Bell Orchestre, Rolling Stones, Ramsey Lewis.
Der Kulturtopograph Robert Fischer war Ohren- und Augenzeuge der Konzerte von The Bell Orchestre in der Szene Wien, The Rolling Stones im Ernst Happel-Stadion (Wien) und Ramsey Lewis im Joe Zawinul's Birdland.
13.07.
Indie-Pop der anderen Art: The
Belle Orchestre live in der Szene Wien
Im Frühjahr und im Sommer ein Konzert in der Szene Wien zu besuchen ist gefährlich – der gemütliche Schanigarten dort ist so verlockend, dass die Gefahr dort den ganzen Abend hängen zubleiben leider allzu groß ist. Aber für den Arcade Fire-Ableger The Bell Orchestre hat es sich eindeutig gelohnt, wieder aufzustehen und den Gang in die kleine Halle anzutreten. Die junge Band besticht die Zuschauer sofort mit einer nicht alltäglichen Instrumentierung (Kontrabass, Geige, Flügelhorn, Trompete und Schlagzeug) sowie einem ungewöhnlichen, einzigartigen Sound, angesiedelt irgendwo zwischen Indie-Pop, Filmmusik und Klassik. Zusätzlich dazu ist das Quintett auch noch ganz in Weiß gekleidet - hat sich da vielleicht ein kleines Kammerorchester nach Simmering verirrt? Spaß beiseite, es ist dieser einzigartige Sound, der das Publikum fasziniert und fesselt. Außerdem beweisen die fünf Musiker von The Bell Orchestre auch Humor, als gegen Ende des Sets eine echte Schreibmaschine (!) zum Musikinstrument umfunktioniert wird, die ganz schön für Verwirrung sorgt. Das Konzert endet mit langem Applaus plus einer ebenso langen Schlange am Merchandising-Stand. Aber auch den Gesichtern der Band war die Freude über die erfolgreiche Show, die gleichzeitig auch der Start der Europa-Tour war, eindeutig abzulesen. Ein gelungener Abend für alle Beteiligten. (Text und Foto: Robert Fischer)
Link-Tipp:
www.bellorchestre.com
14.07.
Wer diese Band noch nie
live gesehen hat, kennt den Rock’n’Roll nicht: The Rolling Stones live im Wiener Ernst-Happel Stadion
Die dienstälteste Rock’n’Roll-Band
der Welt ist wieder einmal in der Stadt. Früher haben mich die Rolling Stones nicht wirklich
interessiert, aber nachdem ich mich in letzter Zeit ausgiebig mit Bob Dylan
beschäftigt habe, wird es Zeit, auch einmal diesen vier alten Rock-Dinosauriern
auf den Zahn zu fühlen. Klar, man kennt die Hits, und auch die letzten Werke in
den Neunzigern waren nicht die Schlechtesten, haben die Lust auf ein
Live-Erlebnis langsam gesteigert.
Obwohl ich anfangs etwas
entfernt vom Geschehen stehe, fällt sofort die tolle Bühne ins Auge, die links
und rechts von zwei großen, turmähnlichen Aufbauten sowie der großen TV-Leinwand
in der Mitte beherrscht wird. Um 21.15 Uhr wird es ernst – volle Kraft voraus
mit dem Opener „Jumpin’ Jack Flash“! Bin echt begeistert und positiv überrascht,
über die Energie und die tolle Show, die die „Stones“ auf der Bühne immer noch
auszeichnet.
Die Setlist ist ein guter
Mix aus den Hits, einigen Songs des aktuellen „Bigger Bang“-Albums sowie
einigen Raritäten, z.B. das selten live gespielte „As Tears Go By“. Zu einem
weiteren Höhepunkt gerät das Ray Charles gewidmete „Night Time Is The Right Time“,
bei dem
Background-Sängerin Lisa Fisher im Duett mit Mick Jagger zu Hochform aufläuft.
Unglaublich, wie gut aber
auch Jagger, der demnächst 63 wird, noch bei Stimme ist, daneben die legendären Posen von Gitarrist Keith Richards, das minimale Drumming eines Charlie Watts
und die heißen Licks von Ronnie Wood – das sind eindeutig vier fantastische
Musiker, die noch keinerlei Gedanken an die Pension verschwenden!
Nach einem kurzen Set auf
der kleineren B-Stage mitten im Publikum, geht die Show mit einem wahren Hit-Feuerwerk – „Paint it black“, „(I can’t get no)
Satisfaction“, „Sympathy For The Devil“ - in
die Zielgerade. Fazit: Bin sehr froh, die Burschen einmal live gesehen zu haben.
Sowohl die vier älteren Herren als auch Ihre immer noch großartige Live-Show ist
mehr als sehenswert. Motto:
„It’s Only Rock’n’Roll But I Like It“! (Text: Robert Fischer; Fotos: Ronny Hopisch)
CD-Tipp:
Rolling Stones - A Bigger Bang (2006; EMI)
16.07.
Son of a Preacherman: The Gospel According to Ramsey
Lewis live im Joe Zawinul’s Birdland
And on Sunday I go to church… da trifft es sich gut, dass die 71-jährige Jazz-Legende Ramsey Lewis mit einem Gospel-Projekt in Wien Station macht. Lewis, der als Pianist in den 1960ern mit von Jazz- und Pop beeinflussten knackigen Instrumentals („Wade In The Water“, „Hang On Sloopy“) sehr populär war, hat sich in den letzten Jahren, nach fast 50 Jahren als Jazzer, wieder seinen Roots zugewandt, die in der schwarzen Gospel-Musik liegen. Unterstützt von einer kleinen Band, stand an diesem Abend vor allem die tolle Stimme von Sängerin Eleanor Hampton und die Songs der aktuellen CD „With One Voice“ im Vordergrund. Insgeheim hatte ich mir mehr erwartet, hatte auf einige der alten Hits gehofft, die aber nur spärlich im Set vertreten waren. Klar, auch die ruhigeren Stücke und Gospels, bei denen Lewis seine hervorragende Technik bewies, hatten Ihren Reiz, aber der groovige Ramsey Lewis, den ich zuerst auf einer der „Verve Remixed“-CD’s entdeckt hatte, kam an diesem Abend leider nur allzu selten zum Vorschein. Schade… (Text: Robert Fischer; Fotos: Birdland)
CD-Tipps:
The In
Crowd Anthology (DoCD 2006; Universal)
With One
Voice (2005; EMI)