Und über allem thront der Geist des Genies.
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: ECM/Lotus (2006)
Terje Rypdal und der musikalische Norden erinnert
sich an Miles Davis und nach dem Hurengebräu von Bitches Brew gibt es nun das
Gebräu aus Voss. Vossabrygg ist aber zugleich auch der Name einer Stadt in
Norwegen in der Jahr für Jahr ein renommiertes Jazzfestival stattfindet.
So gar nicht den elegischen Soundmixturen von ECM
entspricht die neue CD von Terje Rypdal auf dem erwähnten Label. Hier geht es
rappelnd und polternd, laut und so gar nicht abgehoben zur Sache, was aber kein
Wunder ist wenn sich ein Mann wie Terje Rypdal an einen Mann wie Miles Davis
erinnert. 1985 nahm Miles Davis das Album „Aura“ - er selbst bezeichnete es in
seiner Bio als ein Meisterwerk - im hohen Norden auf. An der Trompete stand ihm
damals Palle Mikkelborg zur
Seite.
Eben dieser Palle
Mikkelborg ist nun auch auf der CD von Terje Rypdal vertreten und sorgt quasi
für den authentischen aber nicht reminiszenten Sound der CD. In der illustren
Schar der Erinnerer an das rabiate Genie finden sich des weiteren Bugge
Wesseltoft, Jon Christenson, Paolo Vinaccia und einige andere.
Sie alle lassen es brodeln, lassen der Lava der
Musik ihren Lauf und nehmen die Spur des elektrifizierten Sounds aus der Zeit
als Rock und Jazz eine Kurzzeitbeziehung eingingen, auf.
Der Opener, „Ghostdancing“, erinnert an die
ausschweifenden Sessions von Miles Davis und auch der wundervolle „Rest“ der CD
behält den dunklen und irgendwie auch mystischen Charakter dieser Komposition
bei. Eine strahlend helle Trompete erhebt sich über den dichten Sound, der
vibratofreie Klang des Leadinstruments schneidet wie mit einem Schweißbrenner
Skulpturen aus der musikalischen Landschaft
und über allem thront der Geist des Genies.
Schöner und eindrücklicher wurde Miles Davis noch
selten gehuldigt. Hier hat der Spurensucher Terje Rypdal seinen Weg gefunden
und setzt da fort wo andere längst passen müssen. Wenn Terje Rypdal bescheiden
meint, „Vossabrygg“ wäre inspiriert von „Bitches Brew“ und darauf hinweist,
dass „Ghostdancing“ Elemente der Joe Zawinul Komposition „Pharoa’s Dance“
enthalte dann ist es der Bescheidenheit fast zu viel.
Mit „Vossabrygg“ ist ein allein stehendes Stück
genialer Musik entstanden, das keinen Vergleich braucht. (akro)