Musik: @@@@@
Klang: @@@@
Label/Vertrieb: Wrasse Rec./Harmonia Mundi (auch als DVD erhältlich; 2005)
Der große Dub-Poet und seine legendäre Band rauften sich also wieder einmal auf, einen Tonträger einzuspielen. Grund dafür war das, zumindest theoretische, 25-jährige Bestehen der Zusammenarbeit von Linton Kwesi Johnson und der Dennis Bovell Dub Band.
Live aufgenommen im Pariser Zenith versammeln sich auf der CD 13 Reggae-Klassiker vom Feinsten, all jene Songs, die in den späten 1970er bis Ende 1980er Jahre für Enthusiasmus unter Reggae-Fans und Kritikern sorgten. Dass der Poet seine Texte im Gegenlicht seiner hervorragend agierenden Band erneut zu Gehör bringt, ist angesichts der Zeitlosigkeit von Musik und Text, daher sehr erfreulich, um so mehr, da die Songs zwar nicht radikal neu interpretiert werden, aber auch keinerlei Sentimentalität aufkommen lassen, alleine weil die zugrundeliegenden Themen viel zu ernst sind und die Gesellschaftskritik leider auch heute noch angebracht ist.
Zur Erinnerung: Bekannt geworden ist LKJ im Jahr 1978 mit dem Album "Dread Beat an' Blood" (Virgin) und seinen Ruf als politisch motivierter Künstler festigte er mit den herausragenden Folgealben "Forces of Victory" (1979, Island Rec.), "Bass Culture" (1980, Island Rec.) und vor allem mit "Making History" (1984, Island Rec.), das als Höhepunkt seines kreativen Schaffens angesehen werden kann. Darauf enthalten sind nämlich Meilensteine der Reggae-Musik wie "Di Eagle an' di Bear", "Di great Insohreckshan", "Making History" und "Reggae fi Radni". Letzteres ein Lied über den Historiker Walter Rodney, der viele junge Menschen motivierte sich politisch zu engagieren und 1980 ermordet wurde. Nach diesem Album zog sich LKJ mehr oder minder aus der Musikszene zurück, um sich wieder zunehmend seinem angestammten Beruf als Literat zu widmen, ehe er 1991 mit einem ebenfalls triumphalen Album überraschenderweise auftauchte, nämlich mit "Tings an' Times" (1991, Intercord), worauf das sensationelle "Mi Revalueshanary Fren" enthalten ist, als eine Abrechnung mit den Diktatoren und dem ewigen Refrain "Kaydar/e ad to go/Zhivkov/e ad to go/Honnicka/e ad to go/Cauchescu/e ad to go/jus like apartied/will av to go".
Mich faszinierte beim Engländer LKJ immer schon neben seiner literarischen und visionären Kraft die Gabe seine in englischer Dialektsprache vorgetragenen Gedichte in liedgerechte Rhythmik zu bringen, und den harten, rauen Klang seiner Sprechstimme mit unglaublichen Melodien auszuloten. Dazu hatte LKJ immer schon eine eindrucksvolle Band, die sich zwar nie in den Vordergrund spielte, aber immer präsent war, und auf "Live in Paris" genauso frisch und zündend klingt wie z.B. auf dem ebenfalls 1980 auf Island Rec. erschienenen Album "LKJ in Dub". Kurzum: Wer also wieder einmal ein gediegenes Reggae-Album mit literarisch hochwertigen Texten und einer meisterlichen musikalischen Originalität hören will, möge sich dieses Album zulegen.
Das Live-Album "Live in Paris" ist übrigens auch als DVD erhältlich. (Manfred Horak)