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wainwright_rufus_want_twoDer traurige Prinz aus dem Album "Want One" leidet noch immer, nur diesmal, auf dem Kombi-Pack Studio-CD/Live-DVD "Want Two", liegt er bereits beträchtlich komatös dreinblickend und aschfahl im Gesicht wie ein Vergessener.

 

 

 

Was blieb ist die Weiterführung der geschmacklosen Grafik, wie es am Cover zu sehen ist, was auf die Kappe des Sängers, Pianisten und Komponisten, des Sohnes von Kate McGarrigle und Loudon Wainwright III, und des Bruders von Martha Wainwright geht - Rufus Wainwright.

Aber okay, so lange die Covergestaltung so dürftig bleibt und die Musik dafür so reich, kann mir das ja reichlich egal sein. "Want Two" beginnt jedenfalls mit einem grandiosen Paukenschlag wie "Want One", was Rufus auf der DVD so erklärt, dass das erste Lied eines Albums ebenso wichtig ist wie der erste Satz eines Romans. Und das ist ihm diesmal erneut gelungen, aber hallo, und wie auch noch! "Agnus Dei" kommt in knappen sechs Minuten mit nur drei in Latein verfassten Textzeilen aus, die da lauten: "Agnus Dei/Qui tollis peccata mundi/Dona nobis pacem". Sakral zögerlich und in die tiefe Seele Einblick nehmend formt Rufus Wainwright mit dem Mut zur Langsamkeit ein wahres Wunderwerk an zeitgenössischer Musik, jeden Stil brechend, auf alle etwaigen Konventionen und Konfessionen pfeifend. Ein Schmuckstück.

In gewissem Maße gefälliger, zum Teil beinahe schon Rock'n'Rolliger geht es mit Liedern wie "The One You Love" und "Peach Trees" zu, bevor er wieder das Großorchestrale Gewand überstreift, was ihm, ehrlich gesagt, ziemlich gut steht, so zu hören auf "Little Sister" und "The Art Teacher". Weitere Höhepunkte auf dem sehr intensiven Album, das vermutlich erst nach längerer Zeit die tiefen Geheimnisse nach und nach offenbart, ist das Familienstück "Hometown Waltz", eingespielt mit Mutter, Schwester und Tante Anna McGarrigle, sowie das abgefahrene "Gay Messiah" und vor allem das schlicht beginnende und ins uferlose austretende "Old Whore's Diet" mit Antony als Gastsänger.

"Want Two" ist keine leichte Kost, manche mögen sich vielleicht abschrecken lassen nach dem ersten womöglich sogar oberflächlichen Hören. Dies sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass "Want Two", wie bereits weiter oben beschrieben, sich nach und nach in prächtigen Farben entfaltet. Dass zum Studioalbum eine Live-DVD in einem Kombi-Pack angeboten wird, ist eine kluge Entscheidung von Rufus Wainwright. Darauf zu hören und zu sehen ist ein Live-Konzert aus dem Fillmore in San Francisco. Zwischen den Konzertereignissen gibt es Statements vom Sänger, so z.B. über seine Philosophie wie Tonträger heutzutage beschaffen sein sollten, natürlich erzählt er auch Hintergründe zu seinen Songs und einiges über seine bisherige Karriere und seine Ziele. Die Songs im Live-Konzert sind zum großen Teil aus dem Vorgängeralbum "Want One", die Rufus in respektabler Art und Weise neu arrangiert zum Besten gibt. Sowohl die neuen Studioaufnahmen wie auch das Live-Konzert auf "Want Two" zeigen einen jungen Künstler, der gerade dabei ist, voll durchzustarten und der anscheinend über ein Riesenpotenzial an Kreativität verfügt. Ein Musiker, der in der neuen ernstzunehmenden Songwritergeneration längst einen Fixplatz eingenommen hat und vor Individualität nur so strotzt. (Manfred Horak) 

CD-Tipp:
Rufus Wainwright - Want Two
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Musik: @@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Geffen/Universal (CD und DVD; 2005)

Link-Tipps:
Wainwright, Rufus – Want One
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