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amadou-mariam-2012Seit mittlerweile mehr als 30 Jahren überzeugt das Duo Amadou & Mariam aus Mali mit ihren facettenreichen Grooves und Rhythmen die Musikwelt, so auch auf dem aktuellen Album "Folila".

"Kommt und musiziert mit uns!" Diesem Aufruf von Amadou Bagayoko und Mariam Doumbia folgte für das aktuelle Album "Folila" eine Vielzahl an Gästen, die das ihre zur Pulverisierung von Stilgrenzen beitrugen. Von Bamako zur Brooklyn Bridge ist es da nur ein kleiner Hupfer auf diesem globalen Pop-Album mit all seinen unterschiedlichen Grooves und Rhythmen. Dabei waren die Voraussetzungen für eine internationale Karriere denkbar schlecht für Amadou und Mariam als sie einander am "Institute for the Young Blind of Mali" kennen lernten. Ihr Geburtsland Mali, dessen Lebensader der Fluss Niger bildet, zählt zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt, zwei Drittel der Landesfläche sind Wüste. Drogen, Waffen, Scharia und politische Verwirrungen sind ebenfalls trauriger Alltag. Mali galt zwar im Westen lange als Musterdemokratie, doch seit März 2012 steckt es in einer schweren politischen Krise am Rande des Staatenzerfalls. So ist der Norden Malis heute in den Händen von Radikalislamisten; den Süden wiederum kontrolliert eine schwache Übergangsregierung. Hinzu kommt eine unzulängliche medizinische Versorgung, was in mehrfacher Hinsicht fatal ist, denn Menschen mit Behinderung werden gesellschaftlich geächtet. Wo Schatten fällt muss aber auch Licht sein. Mali bietet ein großes Weltkulturerbe, sei es das mythische Timbuktu und seiner 1000-jährigen Geschichte, sei es die Altstadt Djenné in Bano, sei es das Dogonland östlich von Mopti. Es ist aber auch ein Land mit einer großen Völkervielfalt - von den altafrikanischen Dogon bis zum Berbervolk der Tuareg. Nicht zuletzt kennt man Mali von der musikalischen Vielfalt. Aus Mali kommt nämlich die entspannteste Musik Afrikas. Längst rückte man bereits von der Vermutung ab, dass die Wurzeln des Blues in der Westsahara liegen und nicht im Mississippi-Delta. Und so wie der 2006 verstorbene Ali Farka Touré der König des Mali-Blues war, so bilden Amadou & Mariam quasi die Speerspitze einer unglaublich vitalen Musikszene Malis. Erste gemeinsame Auftritte erfolgten im Jahr 1980 und recht rasch wurde das Duo eine lokale Bekanntheit. Da es in Mali allerdings an einer Infrastruktur für professionelle Musikproduktionen mangelte, wich das Duo für kurze Zeit nach Abidjan (Elfenbeinküste) aus, um ihre Musik auf das gängigste Medium aufzunehmen - Kassetten. Spartanische Arrangements mit einer Gitarre und zwei Stimmen reichten, um bereits zur landesweiten Berühmtheit aufgestiegen zu sein als sie wieder nach Mali zurückkehrten, dies dank des afrikanischen Raubkopierertums und ihrem ersten Hit Mitte der 1980er Jahre, "La Paix", das 2005 für das Album "Dimanche á Bamako" neu aufgenommen wurde. Im Jahr 1998 erschien mit "Sou Ni Tilé" schließlich ihr erstes offizielles Album außerhalb des afrikanischen Kontinents. Aufwändige Orchestrationen und Rockgitarren, sowie arabische Einschläge vermengten sich mit indischen und kubanischen Perkussionen. Kurzum: Westafrikanische Musik verschmolz mit westeuropäischen Pop-Elementen und heraus kam ein facettenreiches, begeisterndes Album. Das Traumpaar der westafrikanischen Musikszene konnte aufgrund des Erfolgs in Frankreich ihr Heimatland verlassen und sich mit ihren Kindern in Frankreich ansiedeln. Das nächste Album erhielt den Titel "Tje Ni Mousso" ("Mann und Frau") und machte sie endgültig zu Superstars der Worldmusik. Andere (Super)Stars suchten fortan die Zusammenarbeit mit dem Duo. Z.B. Manu Chao, der das mit Musikpreisen überhäufte Album "Dimanche á Bamako" produzierte. Mit diesem Album gelang ihnen ein weiterer Schritt hin zum gewichtigen Sprachrohr für Bürgerrechte. Selbstbewusste Angriffe auf korrupte Politiker durften da ebenso wenig fehlen wie Lieder über die Heuchelei der Menschen und die erneute Beschwörung der Einheit des afrikanischen Kontinents. Wie sie es schaffen so lange als musikalisches Duo und als Paar glücklich zu sein beantwortete das Duo übrigens in einem Interview mit FM4: "Leidenschaft und Toleranz müssen da sein, und wenn einer von uns wütend ist, dann bleibt der andere ruhig, und umgekehrt. Man darf nie zur gleichen Zeit wütend sein." Live gastieren Amadou & Mariam am 2.12.2012 im Großen Saal vom Wiener Konzerthaus. (Text: Manfred Horak; Foto: Archiv Amadou-Mariam)

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