hans-theessink-2012-1Mit "Delta Time", dem zweiten gemeinsamen Album mit Meistersänger Terry Evans, öffnet Blues-Man Hans Theessink ein weiteres Kapitel seiner erstaunlichen Karriere. Mit von der Partie auf diesem Album ist auch Ry Cooder, und wie es dazu kam, erzählt Hans Theessink im Gespräch mit Robert Fischer.

Wie unterscheidet sich "Delta Time" vom Vorgänger-Album?

Eigentlich am ehesten von den Gästen her, die wir diesmal ins Studio eingeladen haben. "Visions" war ein reines Duo-Projekt, und für die neue CD wollten wir das Ganze erweitern. Ich habe Terry vorgeschlagen, seine Gesangskollegen Willie Green Jr. und Arnold McCuller dazu zu holen, damit die drei gemeinsam ihre typischen Gospel-Harmonien beisteuern können. Später, während unseren Aufnahmen in Los Angeles, als wir unsere Duo-Aufnahmen schon fertig im Kasten hatten, habe ich zu Terry gesagt, dass es wunderbar wäre, wenn Ry Cooder auf ein paar Tracks mitspielen könnte. Terry und Ry Cooder haben ja früher schon öfters zusammengearbeitet, also rief er Ihn an und er kam dann wirklich ins Studio, das war natürlich sehr fein. Deswegen ist die neue CD vom Sound her ein bisschen anders als "Visions", aber trotzdem sehr reduziert und auf Gitarren und Stimmen aufgebaut.

Warum ist bei den Aufnahmen für "Delta Time" kein Schlagzeug bzw. Bass zu hören?

Das ist einfach unser Stil: Zwei Gitarren und zwei Stimmen, und so gehen wir auch auf Tournee. Ich habe zwar im Studio teilweise meinen Fuß als Bassdrum verwendet, und wir haben das mit einem Mikrofon aufgenommen. Das macht irgendwie einen wärmeren Sound und klingt ein wenig wie ein Herzschlag. Das hört man schon bei den Aufnahmen, aber sonst ist die ganze Sache rein akustisch. Wir haben auch versucht, die Aufnahmen im Studio spontan zu halten. Wir wollten nicht alles komplett durch arrangieren, sonst wird alles zu poliert und glatt. Ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen.

Von den 13 Songs auf "Delta Time" gefällt mir u. a. "Pouring Water On A Drowning Man" besonders gut. Wie bist Du auf dieses Lied gekommen?

hans-theessink-2012-2"Pouring Water On A Drowning Man" kannte ich in der berühmten Soul-Version von James Carr. Diesen Song haben wir bei einer unserer letzten Touren immer im Auto gehört und wir dachten uns schon damals, dass es eine gute Idee sein könnte, diesen Song in einer akustischen Version aufzunehmen. Die Version auf "Delta Time" ist ganz simpel. Ich spiele Gitarre, Terry singt, und als Hintergrund ein paar Bass-Chöre. Das war alles ein einziger Take kann man sagen. Da hilft es natürlich, dass wir sowohl im Studio als auch auf der Bühne schon so eine Art blindes Verständnis haben. Nach den vielen gemeinsamen Aufnahmen bzw. Auftritten weiß man dann schon ungefähr, wohin der andere in dieser und jener Situation geht.

Und "How Can People Act Like That"?

"How Can People Act" Like That ist im Original von Bobby Charles ziemlich anders, aber ich kenne auch noch die tolle Version von Muddy Waters, die er 1975 auf seinem Woodstock-Album mit Musikern von The Band, wie dem kürzlich verstorbenen Levon Helm etc., aufgenommen hat. Da ist eher die Richtung, wie wir den Song intonieren. Das ist auch ein Song, der ganz gut in unsere Zeit passt. Es geht ja in dem Song darum, dass einem alles genommen wird. Der Text lautet ungefähr: Sie nehmen einem das Haus, sie nehmen einem das Hemd vom Leibe. Wie können sich die Leute so aufführen? In Zeiten der Finanzkrise sind Textzeilen wie diese leider sehr aktuell.

Mit "The Birds And The Bees" habt ihr auch einen echten Evergreen auf dem Album. Wie ist es dazu gekommen?

Zu "The Birds And The Bees" gibt es eine kleine Geschichte. Unsere Platte ist ja im Blues/Soul/Gospel-Genre angesiedelt, und da passt dieser Song eigentlich gar nicht richtig dazu. Aber als Terry noch jung war, hat er seine Karriere in den 1960er Jahren bei der Gruppe The Turnarounds angefangen, und diese Band hat damals die Original-Version von "The Birds And The Bees" aufgenommen. Der ehemalige Lead-Sänger der Gruppe ist der R&B Sänger Jewel Akens, der jetzt bei Terry in der Nähe wohnt. Als wir ihn dann nach den Aufnahmen angerufen haben, und im erzählten, dass wir seine alte Nummer wieder aufgenommen haben, hat er sich sehr gefreut und uns alles Gute gewünscht (schmunzelt)!

War es eigentlich schwierig Ry Cooder für die Aufnahmen ins Studio zu holen?

Es war ein riesiges Glück, dass er überhaupt Zeit hatte und gleich ins Studio gekommen ist. Das lag sicher daran, dass Terry ihn gut kennt. Ich bin schon zeit langer Zeit Fan von Ry Cooder, und ich finde, er hat einfach diesen ganz speziellen Trademark-Sound, den man sofort erkennt. Als ich noch ein Jugendlicher war und in Holland lebte, habe ich oft Radio Luxemburg gehört und ich kann mich noch gut erinnern, wie ich Ry Cooder zum ersten Mal hörte. Das war bei einem Song von Gordon Lightfoot, der hat "Me And Bobby Mc Ghee" gecovert und Ry Cooder spielte Gitarre. Auf "Delta Time" ist er auf drei Songs vertreten: "How Can People Act Like That", "Blues Stay Away From Me" und auf meinem eigenen Song "Shelter From The Storm".

Live wird man Dich auch wieder hören können?

Ja, bei der Duo-Tour mit Terry Evans, die vom 1. November bis 2. Dezember läuft und uns durch Deutschland, Dänemark, Österreich und die Schweiz führen wird. Es gibt auch einige Termine in Österreich, und am 22. November sind wir im Metropol in Wien. Ich freue mich schon sehr drauf!

Welche drei persönlichen Dinge hast Du auf Tourneen immer dabei?

Erstens: Reisepass und Führerschein, da ich viel im Ausland unterwegs bin und ich meistens selbst fahre. Zweitens: Drei bis vier Gitarren. Das hat den einfachen Grund, dass ich auf der Bühne nicht gerne umstimme, deswegen brauche ich auf der Bühne immer ein paar Gitarren, die unterschiedlich gestimmt sind. Drittens: Eines der größten Probleme ist, wenn man auf Tour eine Verkühlung bekommt. Daher habe ich immer ein Tröpfchen von einem bestimmten chinesischen Heilkraut dabei. Damit bin ich für solche Situationen gut gewappnet.

Interview: Robert Leopold Fischer
Fotos: Lucy Lynn, Milica Theessink


Das Interview in voller Länge gibt es in der E-Zine-Ausgabe No 2 von Kulturwoche.at zu lesen.

hans-theessink-delta-timeCD-Tipp:
Hans Theessink & Terry Evans feat. Ry Cooder: Delta Time
Musik: @@@@@
Klang: @@@@@@
Label/Vertrieb: Blue Groove / Sony (2012)

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