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norby2-by-isak-hoffmeyerIm Rahmen ihres Wien-Konzerts im Porgy & Bess traf sich Cæcilie Norby mit Robert Fischer, um ausführlich über die Entstehungsgeschichte von ihrem achten Album "Arabesque" (ACT/Edel; 2011) zu berichten.


Die dänische Sängerin Cæcilie Norby verbindet auf "Arabesque" beseelt die klassischen Themen und Melodien, die sie in ihrer Kindheit von ihren Eltern (Mutter: Opernsängerin, Vater: Komponist) kennengelernt hat, mit ihrer späteren Karriere als international erfolgreiche Jazz-Sängerin. Unterstützt von einer tollen Studio-Crew angeführt von Multi-Instrumentalist Lars Danielsson (gleichzeitig ihr Ehemann), Gitarrist Ulf Wakenius, dem Jazz-Pianisten Bugge Wesseltoft  u.a. gelang der 47-jährigen Sängerin ein ganz spezielles Crossover-Album.

Kulturwoche.at: Deine neue CD "Arabesque" verbindet Klassik mit Jazz, auch Einflüsse von World Music sind dabei. Was war das Konzept dahinter?

Caecile Norby: Ganz zu Beginn war das Ganze nur ein Klang, den ich mir in meinem Kopf vorgestellte habe, und es war schwer, das anderen Leuten zu erklären. Doch ich fand dann einige Stücke von Erik Satie und dachte mir, es gibt nur zwei Wege diese Stücke zu spielen. Entweder ich übe ca. 20 Jahre Klavier (schmunzelt) oder ich versuche, etwas Neues daraus zu machen und schreibe neue Texte dazu. Das habe ich dann gemacht, aber einfach nur so für mich, ohne großen Hintergedanken. Ich wollte einfach nur ausprobieren, ob das überhaupt funktionieren kann. Ich liebe diese Art von klassischer Musik, wenn ich das höre, habe ich Gefühl, die Zeit steht still, das versetzt mich total in die Gegenwart. Und darüber habe ich dann einen Text geschrieben. Ich nahm also diese impressionistischen Stücke her, die ich schon von meiner Kindheit her sehr gut kannte und versuchte, dazu passende Texte zu verfassen.

Es gibt auf der CD nicht nur Stücke mit klassischen Wurzeln zu hören, sondern auch z.B. ein Stück von Abbey Lincoln, Eigenkompositionen und "Bei Mir Bist Du Schön" von den Andrew Sisters. Wie kam diese Mischung zustande?

Keine Ahnung, wie das passiert ist, das hat sich einfach so ergeben. Ich weiß nur, dass ich "Bei Mir Bist Du Schön" gerne singen wollte, weil es eine bestimmte Atmosphäre der Vergangenheit hat. Und ich wollte den Song etwas updaten! Bei dem Loop auf dieser Nummer denkt jeder, das ist Bugge [Wesseltoft, Anm.] aber in Wirklichkeit ist es Lars [Danielsson, Anm.], der dafür ein Cello in einem rhythmischen Loop aufgenommen hat. Ich wollte auch, dass ein wenig Humor auf der CD ist, da die meisten anderen Stücke von ihrem klassischen Charakter her doch ziemlich ernst sind.

Du hast für "Arabesque" auch die Plattenfirma gewechselt. Warum?

Ich hatte einfach das Gefühl, dass ACT Music das richtige Label dafür ist, weil sie sehr open minded sind. ACT Music schätzt den alten Jazz, ist aber in seinem Blickwinkel auch sehr vorwärtsgewandt und offen für Neues. Ich war sicher, das ist der richtige Platz für meine neue CD.

Ich finde den Song "No Phrase" sehr interessant. Der Song startet mit einer bluesigen Slide-Gitarre a la Ry Cooder, um dann in eine jazzige Piano-Ballade überzugehen. Ziemlich wilder Stil-Mix, oder?

Ja, genau! Auf "No Phrase" spielt auch die tolle dänische Pianistin Katrine Gislinge, mit der ich schon seit Kindertagen befreundet bin. Wir nahmen das Stück also auf, Katrine spielte ihren Part ein, der Track war fertig und gefiel uns gut, aber irgendwas fehlte noch. Ich dachte nach, ob vielleicht noch eine Posaune oder ein Saxophon dazu passen würde. Irgendwie kamen wir dann auf die Idee mit der Slide-Gitarre, weil Lars auch ein sehr guter Gitarrist ist und genau das war´s! Wir haben bei den Aufnahmen zu dieser CD versucht, mit wenigen Instrumenten und einer kleinen Besetzung auszukommen, wollten das Ganze nicht überproduzieren.

Wie lange hat der komplette Aufnahmeprozess von "Arabesque" gedauert?

Eigentlich mehrere Jahre. Wir haben vor zwei Jahren angefangen, und zwar mit dem Stück "Pavane Opus 50". Und wir nahmen dann für die CD sogar den first take dieser first session! Die meisten Stücke auf "Arabesque" sind first takes! Darum klingt die neue CD auch so fragil.

Hattest du jemals Zweifel, dass dieser Stil-Spagat vielleicht misslingen könnte?

Klar war ich schon ein bisschen unsicher, ob das Projekt funktionieren würde. Würde es möglich sein, diesen Sound, der mir zuerst nur in meinem Kopf vorschwebte, wirklich umzusetzen? Aber als ich dann Lars und Bugge bei den ersten Sessions hörte, war ich sehr erleichtert und dachte: yes, es funktioniert! Das Ganze war eben kein großes Konzept, sondern einfach eine persönliche Idee von mir und deshalb bin ich jetzt im Nachhinein sehr froh, dass alles so gut funktioniert hat. Darum habe ich auch während dem ganzen Prozess, in dem die neue CD entstanden ist, versucht mich nur auf die Arbeit an den Songs zu konzentrieren und alle Gedanken, wie "das kannst du nicht machen, dieser Mix wird nicht funktionieren etc.", auszublenden.

Der Bonus Track "How Oft" hat dein Vater Erik Norby komponiert. Um was geht es in diesem Stück?

norby1-by-isak-hoffmeyerMein Vater starb vor vier Jahren, und wir hatten schon vor seinem Tod besprochen, dass ich vielleicht die eine oder andere Komposition von ihm für mein neues Album verwenden würde. Er hat sich darüber sehr gefreut. Schade, dass er das Ergebnis nicht mehr hören konnte. Ich glaube, "How Oft" ist ein gutes Beispiel für die Arbeit meines Vaters. Er war ein 12-Ton-Musik-Komponist, hat aber trotzdem sehr melodisch komponiert. Diese Musik ist nicht festgeschrieben, sondern in der Tonart und im Rhythmus sehr offen, aber trotzdem sehr melodisch. Der Text dazu stammt von William Shakespeare und ist wunderschön. Es geht um eine Lady im Mittelalter, die sich in ihrer Freizeit am liebsten ihrem Instrument und nichts anderem widmet. Ihr Mann sitzt daneben, in seinem mittelalterlichen Kostüm und seinem Hut und versucht verzweifelt ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, so nach dem Motto: "Warum sind deine Gedanken und deine Finger nur bei deinem Instrument und nicht bei mir?"

Könnte man "Arabesque" als die ideale Verbindung deiner klassisch geschulten Kindheit mit späteren Einflüssen und deiner Karriere als Jazz-Sängerin bezeichnen?

Ja genau! Von manchen klassischen Melodien wusste ich nicht einmal mehr die Titel, aber sie hatten sich tief in meine Erinnerung eingebrannt. Oft summe ich etwas vor mich her, und habe keine Ahnung, was das ist. Es gibt auf der CD das Stück "Scheherazade" von Nikolai Rimsky-Korsakov. Das war schwierig zu finden, weil es verschieden Versionen gibt, die alle unterschiedlich geschrieben werden. "Scheherazade" ist ja eine der Hauptfiguren aus der Rahmenhandlung der Geschichten von Tausendundeiner Nacht. Es war auch wirklich spannend, Texte zu diesen klassischen Stücken zu schreiben, da sie im Gegensatz zu Jazz oder Pop einen ganz unterschiedlichen Rhythmus haben.

Kannst du dir vorstellen noch mehr Projekte in dieser Richtung zu machen?

Ja, ich habe mir das schon überlegt, aber andrerseits sollte man so etwas nur machen, wenn es sich ganz natürlich ergibt. Jetzt bin ich in der Phase, dass wir mit "Arabesque" auf Tour sind, und die neuen Stücke dem Publikum vorstellen. Mal sehen, was danach kommt. Natürlich ist auch Lars ein wichtiger Faktor in diesem Prozess. Er ist ein toller Musiker und wir haben ja immerhin gemeinsam schon sechs Alben und eine Tochter produziert (lacht)!

Gab es auch Stücke, wo dein Konzept nicht funktioniert hat bzw. Stücke, die sich einer Neuausrichtung eher wiedersetzt haben?

Interessante Frage. Ja, ich hätte z.B. sehr gerne etwas von Strawinsky auf der CD gehabt. Ich fand dann auch ein passendes Stück, aber als ich es sang, hat es sich nach englischem Musical angehört (schmunzelt). Da habe ich noch viel herum probiert, aber es ging einfach nicht, deswegen musste ich diese Idee aufgeben.

Wenn du so wie jetzt auf Tour bist, welche drei persönlichen Gegenstände hast du immer dabei?

Lass mich nachdenken... - Okay, also meine Kopfhörer und Musik, Make-Up und so weiter, meine Brille und natürlich ein paar Bücher!

Danke für das Gespräch!

Gerne. Ich freue mich jetzt schon riesig auf ein bisschen Sight-Seeing in Wien. Ich war ja schon öfter für Konzerte in Wien, und ich mag auch das Porgy & Bess sehr gerne, aber ich musste dann immer gleich weiter. Heute habe ich endlich mal ein bisschen mehr Zeit (lacht)!

(Das Interview führte Robert Fischer; Fotos: Isak Hoffmeyer)

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