Was Silje Nergaard macht ist ähnlich schwer einzuschätzen wie ihr Alter. Jazz? Nein. Pop? Vielleicht. Rock? Warum nicht auch. Blues? Gelegentlich. Ja, was jetzt? Auf jeden Fall Gesang - und Blödelei.
Silje Nergaards Stimme ist, wenn wie ihre Besitzerin auch schon bald 45 Jahre alt, die eines Mädchens, zart und jung. Irgendwie findet dieser akustische Eindruck auch sein visuelles Gegenstück, wenn man die Sängerin betrachtet: zum einen im Gesicht, zum anderen, wenn man bemerkt, wie sie sich auf ihrem Hocker, von der Zuschauergunst beschämt, bewegt und lieber ihren Begleitern zuschaut, als sich selbst ins Rampenlicht zu stellen - das trotz internationaler Erfolge. Nett, aber nicht aufregend Diese Begleiter haben es übrigens in sich, gehören zu den besten Gitarristen Norwegens und sorgten mit nur zwei Instrumenten für eine Klangfülle, die staunen machte. Hallgrim Bratberg und Havar Bendiksen schlugen nicht nur die Saiten, sie bearbeiteten die Instrumente in allen erdenklichen Spielarten und unterstützten ihre Sängerin auch gesanglich. Schloss man im Porgy & Bess die Augen, entstand der Eindruck einer größeren Besetzung. Viele Stücke jedoch klangen ähnlich: Silje Nergaard stellte ihre tonliche Treffsicherheit und ihren Tonumfang unter Beweis, die Melodien waren aber nicht so einzigartig, different und eingängig wie man sich das gewünscht hätte. Der Einfluss ihrer Heimat Norwegen fand in den nordtypischen Intervallen Niederschlag, eine gewisse Melancholie, eine gewisse Romantik, aber auch fehlende Distinguiertheit zeichnete die ersten Stücke aus. Es war nett, aber nicht aufregend. Comedia dell'Arte Interessant wurde der Abend als die Sidemen sich als Sidekicks entpuppten. Die Gitarristen wurden Gesprächspartner, agierten zwar wortkarg, aber mit dem richtigen Körpereinsatz. Es hatte den Anschein eines Improvisationstheaters, zumal die Sängerin manchmal selbst lachen musste: über ihre Kollegen oder über sich selbst und ihr Englisch. Sie wechselte in Ihren Ansagen alsbald ins Deutsche und erzählte von Ihren Tour-Erlebnissen. So freute man sich oft auf die Zeit zwischen den Stücken. Mit den Bühnenschmähs wurde auch die Musik lockerer und unterhaltsamer. In Blues- und Rocknummern zeigten die Gitarristen, was sie solistisch beherrschen, wenngleich es keine technische Leistungsschau war. Sehr hörbar, sehr beeindruckend, sehr gefallend. Spielerisch jedoch für die beiden wohl keine allzu große Herausforderung. Endlich hatte die Darbietung das Mitreiß-Potenzial, das man sich eigentlich dann doch gar nicht erwartet hatte. Die Freude der Zuschauer und die Spielfreude der Musiker kulminierte in einem "Zugabemonstrum", dessen Rahmen Michael Jacksons "Black or White" bildete. Dazwischen allerlei musikalische Zitate (z.B. aus der Peer Gynt-Suite), Blödeleien, Soli und Beatboxing. Es war herrlich. Das Fazit des Abends: Faszinierende Musikkomödie, einmal nicht mit musizierenden Kabarettisten, sondern andersrum, Musikern mit viel Humor. (Text: Peter Baumgarten; Fotos: Sony Music)
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