Für ihre Komposition "As in a mirror, darkly" erhielt Joanna Wozny den Erste Bank Kompositionspreis bei Wien Modern 2010. Wolfgang Rauscher traf sich mit der Künstlerin zu einem Gespräch.
Man darf es schon so sagen: Wien Modern hat neben drei Wochen konzentrierter Darstellung der Musik der Gegenwart auch so etwas wie ein gesellschaftliches Highlight: die Premiere des durch die Erste Bank seit vielen Jahren vergebenen Kompositionsauftrag, der sich unter der Kuratel von Lothar Knessl zu einem "Oscar der Neuen Musik" [Copyright: Matthias Losek, künstlerischer Leiter von Wien Modern; Anm.] entwickelt hat, abgerundet durch das mittlerweile legendäre Schinkenfleckerlessen zum Ausklang des Abends. Wien modern und traditionell Boris Marte, der für die Erste Österreichische Spar-Casse Privatstiftung für die Vergabe des Auftrages - der mittlerweile wie ein hochkarätiger Musikpreis gehandelt wird - gleichermaßen verantwortlich zeigt, meint: "Die öffentliche Hand ermöglicht viele Mittel zur Erhaltung unserer kulturellen Infrastruktur. Die Rolle eines zeitgemäßen Mäzenatentums ist daher in der Innovation zu Hause." 2010 wurde der Kompositionsauftrag an Joanna Wozny vergeben. Die Künstlerin wurde 1973 im polnischen Zabrze geboren, absolvierte in Katowice ein Philosophiestudium ehe es sie zum Kompositions- und Musiktheoriestudium nach Graz verschlug, wo sie 2003 mit Auszeichnung absolvierte. Ihr bisheriges Schaffen, welches das gesamte Spektrum der Instrumentalmusik - von elektronischer Musik über Solostücke bis hin zu Orchesterwerken - umfasst, wurde bereits mit mehreren Auszeichnungen gewürdigt und von Ensembles wie dem Klangforum, dem RSO Wien, Ensemble Collage u.a. bei namhaften Festivals aufgeführt. Kulturwoche.at: Sie wurden dieses Jahr mit dem Kompositionsauftrag der Erste Bank betraut. Oder Sollte man nicht besser sagen: ausgezeichnet? Was bedeutet dieser Kompositionsauftrag für eine Künstlerin, einen Künstler, eingebunden in das Schaffen rund um die Neue Musik? Joanna Wozny: Der Kompositionsauftrag ist schon von Bedeutung für mich. Immerhin sind damit drei Aufführungen verbunden und eine CD-Produktion auf dem renommierten Label Kairos. Und es haben sich daraus auch bereits zwei neue Kompositionsaufträge ergeben. Das Festival Wien Modern hat sich zu Beginn, Ende Oktober 2010, durch die Bernhard Kerres [Präsident Wien Modern, Anm. d. Verf.] Frage selbst aufs Hochseil begeben: etabliertes Festival oder doch nicht? Der Neuen Musik haftet landläufig ja das Vorurteil an, durch die Kopflastigkeit der Werke dem klassischen Bildungsbürgertum vorbehalten zu sein, mit der Notwendigkeit nach einer Menge Vorbildung. Wie stehen Sie dazu? Keine Frage, es ist ein etabliertes Festival. Es dauert relativ lang und bietet eine Balance zwischen neuen und mittlerweile klassischen Inhalten, im Gegensatz etwa zum Musikprotokoll in Graz. Klar bedient Wien Modern eine Nische, und so soll es auch bleiben. Und doch erreichen Künstlerinnen und Künstler, Veranstalter und Festivals zwar eine feine, aber letztendlich doch kleine Zuhörerschaften und Fangemeinden. Liegt es da nicht auch an der Art und Weise, wie Neue Musik im Außenverhältnis kommuniziert wird? Das Publikum, das sich mit dieser Musik auseinandersetzt, kommt ja schon mit einer gewissen Erwartungshaltung. Und: das Neue ist doch immer eine Nische. Muss man immer alles erklären? Ich meine, die Kulturvermittlung muss schon viel früher stattfinden: in der Familie, spätestens jedoch in der Schule ... Klar, keiner verlangt, dass jeder Beat Furrer kennt, aber Wien Modern ist immer sehr gut besucht, da kann man schon davon ausgehen, dass es hier auch ein Bewusstsein für unsere Arbeit gibt. Und noch etwas: Ich komme aus einem ehemals kommunistischem Land. Da hatte die Kunst einen viel höheren Stellenwert, wohl auch deshalb, weil sie eine Möglichkeit darstellte, sich als Individuum auszudrücken. Die Auseinandersetzung mit Kunst schärft die Sinne, schafft Dialog. Schon alleine deshalb muss die Motivation dazu früh beginnen, nicht erst im Konzertsaal. Das wäre dann zu spät. Der Abend am 18. 11. 2010 im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses begann mit Ihrer Komposition "As in a Mirror, darkly" und endete, wohlschmeckend dann eher für den Gaumen, im traditionellen Schinkenfleckerlessen. Können Sie sich vorstellen, ein Musikstück "Im Spiegel des Schinkenfleckerlessens" zu schreiben? Großes Orchester oder kleines Ensemble? Das Dasein gestaltet das Bewusstsein, das Bewusstein gestaltet das Dasein...
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