Einmal mehr lässt "The Night Tripper" Mac Rebennack aka Dr. John mit seinem satten Swamp-Funk-Gebräu aufhorchen und legt mit "Tribal" ein versponnenes Werk vor, oder: unverfälschter Voodoo-Zauber vom Feinsten.
Die Mystik entlädt sich nicht nur in der Musik, sondern auch im Booklet anhand der Zeichnung, die eine verwunschene Sumpflandschaft aus Louisiana mit Alligator, altem Medizinmann, tiefen Augen und stolzen Pfauenaugen zeigt. Ein Szenario, das perfekt die Musik von "Tribal" wiedergibt - ein bisserl giftig, aber in erster Linie enorm heilend. Die 16 Lieder - unterstützt wurde Mac Rebennack beim Songwriting von Allen Toussaint und von dem im Januar 2010 verstorbenen Bobby Charles (der u. a. den Klassiker "See You Later Alligator" schrieb) - schwanken zwischen "Feel Good Music" (so auch der Titel des Eingangslieds) bis hin zu einem zynischen "Only in America" (nein, Randy Newman wirkte diesmal, so wie auf N'Awlinz: Dis Dat or d'Udda von 2004, nicht mit). Irgendwo habe ich gelesen, dass "es sich Dr. John in einer erfolgversprechenden Routine bequem gemacht" hat. Ein Vorwurf, mit dem der bald 70-jährige Dr. John seit gut 50 Jahren zu leben hat. Prinzipiell ist allerdings zu sagen, dass The Night Tripper keine schlechten Alben veröffentlicht. Es gibt immer nur Abweichungen im Schärfegrad. "Tribal" ist extrem scharf (so wie z.B. auch das als 'Best Contemporary Blues Album' mit dem Grammy ausgestattete City that care forgot von 2008) und entgegen der Erwartung des Eröffnungslieds keinesfalls eine gute Laune Musik. Dr. John geht in die Tiefe, erreicht auf der Suche nach " A Place in the Sun" und nach dem "Change of Heart" das Dunkle und die bedrohlichen Stellen des Lebens. Herausragend sein "Lissen At Our Prayer", das von einem Streichquartett umrahmt wird, sein versumpfter Soul in "Big Gap", die raffinierten Chants und Stammestrommeln im Titelsong oder "Them" mit seinen unwiderstehlichen Bläserverzierungen. Ein Album wie ein dunkler, tiefer See, das mit jedem Mal mehr hören neue Erkenntnisse in der Dr. John-Forschung bringt. (Manfred Horak)
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