Sie ist die Duchess of Coolsville, Poetin, ausdrucksstarke Stimme und große Melodienerfinderin: Rickie Lee Jones. Mit "Balm in Gilead" veröffentlicht sie ein weiteres kolossales Album, das mit intensiven Texten und musikalischen Feinheiten überzeugt.
"This record is unique because most of it was written over the last 20 years", verlautbarte Rickie Lee Jones anlässlich der Veröffentlichung ihres mittlerweile 16. Albums. Und so könnte der Album-Titel selbst auch aus Erinnerungen an vergangene Zeiten herrühren, als sie noch am Anfang ihrer Musikerkarriere stand, nämlich an die Theaterproduktion Balm in Gilead, das Mitte der 70er Jahre von John Malkovich inszeniert wurde (darin kamen auch einige Songs von Tom Waits vor). "Well, that's so many peoples story / A lot of heartache but not much glory / But glory, the truth be told / Tomorrow you are twenty-one years old", singt sie daher gleich im Eröffnungslied "Wildgirl". Ihre spezielle Soundstruktur, ein Mix aus Folk-Jazz-Country-Beat-Poetry, führte sie bereits 1979 mit dem Lied "Chuck E's in Love" und mit ihrem Debüt-Album zur Nummer Eins in die US-Billboard-Charts. Im Mittelpunkt ihres Schaffens standen in Folge konzeptuell angelegte Alben - unter ihnen so großartige wie "Pirates" (1981), "The Magazine" (1984), "Flying Cowboys" (1989), "Traffic From Paradise" (1993). Und auch im 21. Jahrhundert konnte die Sängerin mit den superben Alben "It's Like This" (2000) und "The Evening of my best day" (2003) aufwarten. Jetzt also "Balm in Gilead", eines ihrer besten Alben überhaupt. Die zehn Lieder fordern Wachsamkeit bei den Hörern, und sobald man diese Wachsamkeit entgegenbringt öffnen sich Musikwelten, die einem Tränen in die Augen treiben, z.B. wenn sie in "Eucalyptus Trail" singt, "All my old friends have gone underground / They fall so hard / I am the last of my kind in this town / Out in the yard...", oder wenn Rickie Lee Jones im genialen "Gospel of Carlos, Norman and Smith" mit ihrer unnachahmlichen wie unglaublichen Stimme die Frage stellt "Black is a criminal / White is a crime / Poison is the pen / Writing down this children's nursery rhyme. / Didn't you see him standing next to me? / The seeds of change have grown / We don't have to hide anymore", um ein paar Strophen später auszuführen "When hope is the color of a man / The color of love is the color that can / Stand for something". Mit im Studio dabei waren übrigens Musikerkollegen wie u. a. der mittlerweile verstorbene Vic Chesnutt (vocal), sowie Ben Harper (Slide Guitar), Alison Krauss (Violin) und Bill Frisell (Guitar). Diese fragilen Songs von Rickie Lee Jones mit ihren mystisch verwobenen Einspielungen muss man einfach jede Sekunde auskosten und sind es wert sich näher und eingehend damit zu beschäftigen, mehr noch, "Balm in Gilead" ist eines der besten Alben der Nuller-Jahre. (Manfred Horak)
Rickie Lee Jones: Balm in Gilead
Musik: @@@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Fantasy/Universal (2009)