Der amerikanische Jazz Trompeter Chris Botti liefert mit "In Boston" ein weitestgehend gefälliges und sich stets am Rande der Kitschgrenze befindendes Album ab. Unterstützt wurde er dabei von einer Heerschar an prominenten Musikerkollegen.
Dieses klassische All-Star-Album hat durchaus seine freudvollen, wenn auch nur selten eruptiven Momente. Zugegebenermaßen hoch interessant ist der Einstieg ins Album. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass sich Künstler außerhalb des Klassik-Genres an "Ave Maria" versuchen (man erinnere sich nur an Nina Hagen), aber es ist doch eher selten, noch dazu als Eröffnungsnummer eines Jazz-Albums. Klappt aber überraschenderweise recht gut, obwohl von der Jazz-Besetzung noch nicht allzu viel zu hören ist - gerade einmal Chris Botti an der Trompete und Billy Childs am Piano. Den Rest besorgt das Boston Pops Orchestra. Letzteres ist eigentlich die tragende Säule des gesamten Albums, und so bleibt freilich auch nicht allzu viel Platz für Improvisationen, was anfangs nicht stört, vor allem wenn man sich das zweite Stück anhört. Mit "When I Fall In Love" liefern Botti, Childs, sowie Billy Kilson (drums), Mark Whitfield (guitar) und Robert Hurst (bass) nämlich eine hervorragende Jazz-Performance ab. Stark verdichtet, ideenreich gewürzt und mit spendablen Soli versehen spielt sich das Quintett in eine elegante Spiellaune. Eine echte Freude. Von da an wird es allerdings manchmal leider etwas grimmig. "Seven Days" von und mit Sting sowie Dominic Miller (guitar) erinnert noch durchaus an Stings bessere Solo-Zeiten aus "Dreams of a blue turtle", Bottis Trompetenspiel flirrt dabei durch Song, Zeit und Raum, Sting kniet sich gesangsmäßig ordentlich rein. Hört man gerne und nervt auch nicht nach mehrmaligen Hören (im Gegensatz zur zweiten Sting-Performance). Das nachfolgende "Emmanuel" feat. Lucia Micarelli (violin) fällt hingegen vollkommen ab, aber bitte, es soll ja Leute geben, die romantische Kaufhausmusik mögen. Daumen hoch heißt es danach mit Gastsängerin Katharine McPhee und ihrer Darbietung von Cole Porters "I've got you under my skin", das im großorchestralen Sound gut aufgehoben ist. Yo-Yo Ma (Cello) begleitet Botti und Orchester ins allzu schwülstige "Cinema Paradiso" von Andrea und Ennio Morricone. "Broken Vow" mit Gastsänger Josh Groban hat schon fast Musical-haftes an sich, daher gleich weiterskippen. Eine Annäherung an Miles Davis folgt diesem Tiefpunkt. "Flamenco Sketches" hebt sich wohltuend ab, auch wenn es keine neuen Erkenntnisse in der Miles Davis Forschung bringt. Und so folgt ein Auf und Ab nach dem anderen. Die bemerkenswerteste Performance liefert sicherlich der Aerosmith-Sänger Steven Tyler ab, der sich ziemlich intensiv in die geniale Ballade "Smile" von Charles Chaplin reinstürzt. So betrachtet ein recht kurioses Album von Chris Botti mit viel Licht und ebensoviel Schatten, frei nach dem Motto Für alle etwas, für niemanden alles. (Manfred Horak)
Chris Botti: In Boston
Musik: @@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: Decca/Universal (2009)