Was tun, wenn man als 14-jähriger lieber E-Gitarre spielen möchte als Geige spielen zu lernen, aber am Berg auf der Turracher Höhe aufwächst und mangels Bassisten und Schlagzeugern keine Rockband gründen kann?
Nun, im Falle von Thomas Leeb, dessen musikalische Helden damals Guns'n'Roses und Metallica waren, kam Folgendes raus: Der Kärntner stieg auf Akustikgitarre um und spielte sich zunächst mal so lange die Finger wund, bis er sich entschloss - im Alter von 18 Jahren - in Irland sein Dasein als Straßenmusiker zu fristen, um noch mehr zu lernen (wenn auch nicht Musiknoten) und um herauszufinden wie ein Publikum auf sein Gitarrenspiel reagiert. Danach begab er sich nach Osnabrück, nahm bei einem Gitarrenwettbewerb teil und ließ 97 von 100 Wettbewerbsteilnehmern hinter sich, dies, obwohl er weiterhin keine Musiknoten lesen konnte.
Fingerstyle der Weltklasse
Mittlerweile zählt "the bastard child of acoustic guitar", wie sich Thomas Leeb selbst gerne bezeichnet, zu den Kritikerlieblingen diverser internationaler Fachmagazinen. So reihte das englische Fachmagazin "Guitar Techniques" Thomas Leeb ob seiner Technik und Fingerfertigkeit in die Kategorie "Weltbeste Unbekannte Gitarristen" ein und in Irland glauben sie soundso schon, dass er 20 Finger hat. Internationale Aufmerksamkeit erhält er deswegen mehr als er Aufmerksamkeit in Österreich erhält, da Thomas Leeb im Jahr 1999 beschloss am California Institute of the Arts Musik zu studieren, mit Schwerpunkt traditionelle Musik aus Ghana mit den Ladzekpo-Brüdern und Gitarre mit Miroslav Tadic (der auch der Lehrer von Ry Cooder-Sohn Joachim Cooder ist) - und um letztendlich auch Musiknoten lesen zu lernen. Leeb: "Dort lernt man Musik aus aller Welt, die afrikanische und balinesische haben mich dabei am meisten berührt. Nach vier Jahren bekam ich dann das Papier, ein richtiger Musiker zu sein."
Wenn der Funke überspringt
Mittlerweile lebt Thomas Leeb in L.A. als Profimusiker und Gitarrenlehrer und veröffentlichte auch bereits vier Tonträger, der aktuelle trägt den Titel "Spark" und erzählt "rhythmisch unterlegte Geschichten aus aller Welt". Bei Konzerten erobert der Fingerstyle-Gitarrist sein Publikum im Sturm - egal ob bei seinen vielen internationalen Auftritten oder bei seinen leider doch sehr raren Konzertaktivitäten in Österreich. Bis dato gab Thomas Leeb bereits über 600 Konzerte und Workshops in Österreich, Deutschland, Italien, Spanien, England, Irland, Brasilien und den USA. Leeb spannt den musikalischen Bogen sehr weit. Ghana, Mazedonien, Bali kommt in seiner Musik genau so vor wie Blues, Rockballaden und Medleys, in denen die Beatles, Pippi Langstrumpf und die Muppets zitiert werden. Und das freilich immer schön irisch. Mit 20 Fingern. (ehr/mh)