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Europa, die phönizische Prinzessin, pflückte mit ihren Freundinnen am Meeresufer Blumen. Da entsprang den Wellen ein Stier, so schön und anziehend, dass Europa auf seinen Rücken stieg und sich von ihm von den Hängen des Libanon gegen Osten übers Meer tragen ließ. Der Stier war der verwandelte Göttervater Zeus, der Europas Schönheit verfallen war und dem sie sich nun bereitwillig fügte. In Kreta ging Zeus mit seiner Beute an Land und zeugte mit ihr den späteren König Minos: die mythische Geburtsstunde unseres Kontinents. Wanted: Europa – unter diesem vieldeutigen Motto macht sich die styriarte 2007 auf die Suche nach der entführten Prinzessin aus mythischer Vorzeit ebenso wie nach dem Kontinent und seiner sich wandelnden Identität. Gerade die Musik als eine universale Sprache knüpfte wieder und wieder Bande in diesem zerrissenen Gebilde Europa.

styriarte07_harnoncourtstyriarte07_savall_jordi Bande über die Gräben zwischen Glauben und Aufklärung ebenso wie zwischen Christen, Juden und Moslems. Beethoven setzte dem Revolutionär Napoleon ebenso ein ewiges Denkmal wie dem Gott der Christenheit – in seiner C-Dur-Messe und im Oratorium „Christus am Ölberge“, die Nikolaus Harnoncourt (siehe Foto) dirigiert. Jordi Savall (siehe Foto) und Vladimir Ivanoff bauen in ihren Programmen abgebrochene Brücken zwischen den mediterranen Kulturen wieder auf. Der Wandel der Jahreszeiten prägt den europäischen Menschen. Davon erzählen Vivaldis Quattro Stagioni oder die Quatre saisons des französischen Renaissance-Meisters Claude le Jeune ebenso wie Joseph Haydns Oratorium Die Jahreszeiten. Nikolaus Harnoncourt  dirigiert dieses Hohe Lied auf den Fleiß und die üppig blühenden Felder in erlesener Besetzung.

Von Europa reden heißt auch: von Nationen reden. Gerade reisende Musiker wie die Mozarts haben nationale Eigenheiten deutlich empfunden und beschrieben. Und auch in der Musik selbst gaben häufig genug die Nationalstile den Ton an. Dann wiederum wendete sich das Blatt: Das Madrigal und das Streichquartett kannten keine Grenzen, die Renaissance und die Klassik waren übernationale Stile. Und auch im Barock hielt es ein Bach lieber grenzenlos: mit dem vermischten Geschmack. Wenn im politischen Kampf um nationale Identitäten Abgrenzung das Gebot der Stunde war, so hat die Musik die Politik oft genug unterlaufen. Und auch heute öffnet die Musik Horizonte, hinterfragt alte Vorurteile und zeigt, dass Europa kein erstarrtes Gebilde ist, sondern immer wieder neu entsteht – als Vision, Möglichkeit und Hoffnung.

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