Ach, wie doch die Zeit vergeht. Da kann man sich noch ganz genau an das erste Festival erinnern, das den Namen Nova Rock tragen durfte, schon geht die dritte Auflage des Musikspektakels über die Bühne.
Und im Jahr 2007 versprach sich der passionierte Festivalbesucher doch eine ganze Menge. Namen wie The Smashing Pumpkins, Pearl Jam oder Billy Talent klangen wie Sirenengesang im Ohr des Musikfreundes. Kein Wunder also, dass die ganze Sache binnen kürzester Zeit ausverkauft war und heuer zum ersten Mal das "Sold Out" Schild an den Zufahrten zu sehen war. 150.000 Besucher wurden somit von Freitag bis Sonntag auf den Panonnia Fields bei Nickelsdorf erwartet.
Aller guten Dinge sind drei
Nach einem pannenreichen Debüt und einem bemühten zweiten Versuch das Nova Rock fix in den Köpfen der Festival-Freunde zu verankern, hatte man bei der Organisation augenscheinlich viel dazugelernt. Alleine die Anfahrtszeiten verkürzten sich durch glücklicherweise kaum bis gar nicht vorhandene Staus, sodass man sein Zelt nicht um drei Uhr morgens aufstellen musste, weil man die meiste Zeit auf der Autobahn stehend (und fluchend) verbracht hatte. Das echte Chaos erwartete einen erst direkt am Festival-Parkplatz, obwohl man auch hier die Situation im Gegensatz zum Vorjahr weitestgehend entschärfen konnte. Die Ordner, die mit aller Kraft versuchten, den überblick zu behalten, konnten einem Leid tun. Stundenlang in der Hitze auszuharren und ungarischen, italienischen und sogar portugiesischen Musikfreunden in gebrochenem Englisch zu erklären wo sie hinsollten, war sicher keine dankbare Aufgabe. Gerüchten zufolge hatten diejenigen, die schon am Donnerstag angereist waren, zwar nicht mit langen Wartezeiten an den Einfahrten zu kämpfen, parkten jedoch auch weiter weg als jene, die erst später eintrafen. Ein etwas konfuses System. War man dann aber endlich angekommen, hatte sein Zelt aufgebaut und das erste kalte Bier geöffnet, war man auch schon mittendrin. Wohin man blickte gut gelaunte, aufgrund permanenter Sonneneinstrahlung halbnackte Menschen, die sich alle verstanden. So muss das sein.
Die Qual der Wahl
Das erste Bier war also leer, das zweite bereits aus der Kühlbox geangelt und die Zeit bis zur ersten Band verging wie im Flug. Laut Timetable hätten ganze 54 Bands Nickelsdorf beehren sollen. Stattdessen sagten Bright Eyes, My Chemical Romance, Helmet, Modest House und Hinder ihre Auftritte kurzerhand ab. Die restlichen Acts konnten sich jedoch durchaus sehen lassen. Auch die heimische Musikkultur wurde nicht vergessen und so durften einige österreichische Bands die Bühne entern. Die echten Hochkaräter geigten natürlich erst spät abends auf. Hier hatte man es zeitweise echt nicht leicht, sich zu entscheiden, welcher Band man jetzt Vorrang geben sollte. Sich zwischen Smashing Pumpkins und Billy Talent oder Pearl Jam und Marilyn Manson zu entscheiden, fiel einigen sicher nicht ganz leicht. Überhaupt war der Terminplan sehr dicht gedrängt. Nicht selten hetzte man von einer Bühne zur anderen, um auch ja nichts zu verpassen. Immerhin brauchte man sich heuer keine Sorgen zu machen, etwas vom Geschehen auf der Bühne nicht mitzubekommen. Die Veranstalter hatten die Videoleinwände diesmal gerecht verteilt und auf beiden Bühnen jeweils zwei Stück angebracht.
We come in peace
Stimmungsmäßig war Nova Rock 2007 wohl das Beste was österreichische Festivals in den letzten Jahren zu bieten hatten. Nette Leute aus aller Herren Länder, die ausgelassen und trotzdem friedlich nebeneinander feierten. Bekanntschaften zu schließen fiel nicht schwer und selbst die Liebe kam nicht zu kurz, was offene Kondomverpackungen entlang der Wege eindrucksvoll bewiesen. Selbst nächtliche Regenschauer konnten die Stimmung nicht zerstören. Die genialste Aktion war wohl ohne Frage "Folgt dem Schuh!". Für all jene, die jetzt nicht wissen worum es geht: In der letzten Nacht gruppierten sich langsam aber sicher um die zweihundert (!) fremde Leute um einen alten Vans. Dieser Schuh wurde wie ein Heiligtum behandelt und unter ständigen Huldigungen über das gesamte Gelände getragen. Das ganze Schauspiel wurde selbst den Securities etwas suspekt und so wurde die Gruppe mit dezenter Gewalt aufgelöst und der Schuh beschlagnahmt. Anscheinend hatte man Angst vor Ausschreitungen. Das Nachspiel konnte jedoch niemand verhindern. Plötzlich versammelten sich überall Menschen unter Mottos wie "Stoppt den Schuh!" oder "Folgt der Wurst!". Unglaublich, das so etwas möglich ist. Völlig sinnbefreit, aber trotzdem irgendwie genial. Bei youtube gibt es übrigens einige Videos zu dieser Schuh-Aktion.
Insgesamt verbrachten die 150.000 Besucher friedliche, gemütliche und vor allem musikbepackte Tage. Hier konnte man sich nur dem Spruch auf den Pearl Jam T-Shirts anschließen: We come in peace. Hoffentlich auch 2008. //
Text: Daniel Krondraf
Foto: novarock.at
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