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Zsolnay (2006)
Roman, gebunden
368 Seiten
ISBN-10: 3552053883
ISBN-13: 978-3552053885
Kern des Buches ist die Erzählung einer Liebe zwischen der international erfolgreichen Architektin Vittoria Monti in Paris und ihrem nur regional aktivem Kollegen Wolf Lewinter in Wien. Beide sind gut fünfzig Jahre alt und in der Liebe sowohl mit Realismus als auch mit Vorsicht zu Gange, die auf Vorerfahrungen ruhen. Die Autorin Evelyn Schlag findet dafür sehr feine Töne und ich halte es für ihr Verdienst wie ihre Leistung, Liebe in dieser Lebensphase kitsch- und pathosfrei mehr als angemessen zu thematisieren. Vittoria und Wolf treffen einander im Buch selten. Ob die Beziehung Bestand haben wird, bleibt offen.
Pittocchia
Sehr viel mehr Raum im Roman nimmt die Schilderung der jeweils getrennten Lebensumstände von Vittoria und Wolf ein; Wolf halte ich für den interessanter gestalteten Charakter. Er hat in Wien einen unehelichen Sohn, für den er seine Vaterrolle recht spät und nicht ohne Komik entdeckt. Sein Verhältnis zur Kindesmutter Franziska gestaltet sich nicht unkompliziert, aber auch das zu seiner, sehr fallweisen, Wiener Geliebten Ilse. Wolf grübelt mit uns über Vittorias Platz im fünfblättrigen Kleeblatt, einschließlich seiner Schwierigkeiten in seinem durchschnittlichen Leben mit einer erfolgreicheren, gar "prominenten" Frau und Berufskollegin liiert zu sein.
Die längsten Passagen widmet Schlag Vittoria Monti; es könnte aber sein, dass sie mich nur am meisten gelangweilt haben. Ich finde: Jet-Set-Gefasel. Gestyltes Äußeres, gestyltes Büro, gestylte Mitarbeiter, gestylte Konversationen zwischen Lachs-Mousse und Ricotta-Schaum. Das mag oberflächlich richtig beobachtet sein, kommt als Literatur für mich jedoch nicht zu seinen Möglichkeiten. Wofür Vittoria als Mensch und Architektin steht, blieb mir verborgen. Internationale Publikationen, Kongresse, Architektenwettbewerbe kommen vor; stereotype Be- und Empfindlichkeiten einer "Upper Class" wie aus dem Holzschnitzkasten. Vittoria Pinocchio Monti. Pittocchia. Weitläufige Bekanntschaften, weltläufige Familie, zuletzt noch gekrönt von einem (höchst überflüssigen) "exotischen" Vater Vittorias. Was tut und denkt Vittoria allein in ihrem gewiss höchst schicken Pariser Privatappartement? Andere Rezensenten meinten, biographische Parallelen zwischen Schlag und Monti herstellen zu können. Ich hoffe, Schlag bleiben sie erspart. (Monika Gentner)