Ein Klassiker als ein Beitrag zur Literarisierung und Stärkung der Mundart.
In meiner Erinnerung als Vorlesebuch rangiert „Da Jesus & seine Hawara“ ziemlich weit oben. Irgendwann in den frühen 1970er Jahren (ich war da noch ein ziemlicher Gschropp) las mir die Nachbarin, die ab und zu auf mich aufpasste, aus diesem (wie ich freilich erst später erfuhr) "verbotenen" Buch vor und ich war, das weiß ich noch ziemlich genau, immer sehr glücklich, Geschichten vom Jesus in diesem schönen Dialekt vorgelesen zu bekommen. Nun, dass diese Teuschl-Übersetzung 10 lange Jahre aus dem Buchhandelsverkehr gezogen wurde, wusste ich, wie erwähnt, freilich als kleiner Junge nicht, so richtig bewusst wurde es mir eigentlich erst im Jahr 1981, als es erstmals wieder erscheinen durfte.
Homerisches Gelächter wäre ein Schmunzler dagegen
Was wurde dem Autor vorgeworfen, und warum löste es derart extreme Kontroversen aus? Die Negativkritiker nannten es "Blasphemie" bis "pülcherisch" – alleine, dass sich Herr Teuschl erlaubte, die Apostel "Hawara" zu nennen, kam ja für viele einem Frevel gleich. Dabei urteilten die Negativkritiker etwas vorschnell (wie so oft), denn schließlich kommt "Hawara" vom hebräischen "chawer". Und "chawer" heißt nun mal "Genosse, Gefährte". Dass Jesus seine Jünger mit "chawerim" ansprach, ist daher nicht ganz auszuschließen. Vorgeworfen wurde Wolfgang Teuschl auch sein "wienerischer Schmäh", also den von ihm eingeschlagenen Weg von Umschreibungen, Metaphern, Aphorismen, kurzum, "es" nicht geradeheraus zu schreiben. Weil ja die Bibel frei von Gleichnissen ist, oder wie? Vorgeworfen wurde dem Autor auch Kraftausdrücke wie "gäz scheissn", und dass Jesus als ganz normaler Mensch, der gern "hawad" und "tschechad", dargestellt wird. Teuschl über dieses "Vergehen": "…Jemand, der vornehmlich vor 'Sündern und Zöllnern' spricht (entsprechend den historischen Gegebenheiten also vor 'Büücha' und 'Schdrizi'), könnte höchstens Lächerlichkeit ernten, wenn er seine Rede begänne: 'Kindlein, liebet einander!' Homerisches Gelächter wäre ein Schmunzler dagegen." Kurzum: Dieser Klassiker an österreichischer Literatur ist 1971 (im Erscheinungsjahr) nicht gerade sehr beliebt gewesen bei den klerikalen Brüdern und Schwestern, aber dort, wo Blasphemie und andere Unanständigkeiten bzw. Unzulänglichkeiten vermutet wurden, irrten die Schäfchen. Aber so was von wie!
Wia d augmolanan Diakn
Und jetzt taucht es erneut im gut sortierten Buchhandel auf, dies Dank Residenz Verlag, der sich die Mühe machte eine sehr schöne Neuauflage zu veröffentlichen. Mit dabei als zusätzlicher Kaufanreiz ist die beigelegte Hörbuch-CD, auf der wir gebannt und entzückt den Worten des Herrn Willi Resetarits lauschen können, wie er in bester Teuschl-Manier aus dieser heiligen Dialektschrift vorträgt.
Die Teuschl-Übersetzung quillt nach wie vor über mit erstklassiger Erzählweise, die nicht nur das "Buch aller Bücher" erfahrbarer macht, sondern natürlich auch "volksnaher" – vorausgesetzt natürlich sofern man den Wiener Dialekt einigermaßen beherrscht (Hans Weigl schrieb dazu im Vorwort der 1981er-Ausgabe übrigens folgendes: "…Sie ist auch ein Beitrag zur Literarisierung und Stärkung der Mundart. In einer Zeit, in der die gedruckte und geschriebene und gesprochene Sprache degeneriert, muss die Mundart lebendig bleiben und gestärkt werden". 1981!).
Und apropos Volk: Wie heißt es doch so schön im Schlusssatz der Bergpredigt? "Als Jesus diese Worte beendet hatte, waren die Volksscharen ganz betroffen über seine Lehre". Und bei Teuschl liest es sich dann eben so: "Und wia si da Jesus auf de Oat ausgschüdad ghobd hod, san d Leid ole dogschdauntn wia d augmolanan Diakn, wäu sowos haum s fraunk nu ned ghead ghobd." (Manfred Horak)
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Residenz Verlag (2006)
Buch und CD
240 Seiten Hardcover
ISBN: 3701714541