Felix Mitterer hat sich die Verhörprotokolle und das psychiatrische Gutachten im Falle des Briefbombers Franz Fuchs hergenommen und daraus einen theatralen Monolog geschaffen, der sowohl erhellend als auch beklemmend in die brutalen Abgründe eines "normalen, intelligenten" Menschen blicken lässt.
Über diese einfließenden Originalzitate werden die bösen Bilder aus den 1990er Jahren präsent. Die "Ausländerdebatte" hatte wieder einmal Hochkonjunktur, der braungebrannte Karawankenduce wähnte sich unbesiegbar und die Sozialdemokratie in Österreich hatte mit Franz Löschnak als Innenminister große Not zu erklären, warum Sie doch methodisch und ideologisch anders als die sich anscheinend unaufhaltsam aufblähende bläuliche "Volksbewegung" sei. Intelligenz und Banalität und Böses Und da trifft es auf einmal Menschen, die vermeintlich intensiv "ausländerfreundlich" agieren. Eine Attentatswelle, Verletzungen, Beschädigungen und das grausamste politische Attentat der zweiten Republik, der tödliche Anschlag auf vier Roma in Oberwart. Polizei und Republik waren lange Zeit über hilflos, diesem gespenstischen Treiben Einhalt zu gebieten. Mehr oder weniger zufällig stießen sie dann auf den frustrierten, ländlich geprägten Eigenbrötler Franz Fuchs, der, folgt man den Erkenntnissen der Polizei und dem Gerichtsurteil, Wissen, Fertigkeit und Skrupellosigkeit aufbrachte, diese größte Terrorwelle des neueren Österreichs zu initiieren. Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller schaffte es, über längere Strecken ein näheres Kommunikationsverhältnis mit dem sonst sich sehr verschlossen gebenden, verstümmelten Fuchs aufzubauen. Felix Mitterer lässt uns nun an diesem verstörenden Psychogramm teilhaben. Blendet alle Fremdstimmen aus, ein dramaturgischer Trick, der Lesende noch tiefer in die Welt des Attentäters blicken lässt. Schön dabei ist auch, dass er nicht ausspart, die Seiten an Fuchs zu zeigen, die als "ganz normal" durchgehen. Schön, dass Mitterer damit zeigt, dass das Böse nicht von vornherein äußerlich oder über bestimmte Verhaltensmuster erkennbar ist, wie es viele gern behaupten oder uns oft auch medial weisgemacht wird. Das Kleinbürgerliche, das Ländliche, das nach Geborgenheit Suchende, das natürlich auch diesen Täter kennzeichnet, es findet sich in diesem Text, der zweifellos auch ein Fest für einen großartigen Schauspieler sein kann. So ist Mitterers Werk vor allem zweierlei: ein gut strukturiertes Dokument über einen bösen Kriminalfall mit starker politischer Konnotation. Und eine Möglichkeit, bei der theatralen Umsetzung tiefer die Welt eines Menschen zu erleben, der im Laufe einer sich einengenden Lebensperspektive seine krude, fremdenfeindliche Weltsicht in brutale, blutige Attentate fließen ließ. (Tristan Jorde)
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