Gegen Ende des 19. und auch Anfang des 20. Jahrhunderts noch galt es für Frauen und Mädchen, die sich in der Malerei ausbilden bzw. weiterbilden lassen wollten, große Hindernisse zu überwinden um ihren Traum leben zu können. Dem weiblichen Geschlecht wurde zum Fin de siècle der Zutritt zu den meisten Akademien verweigert. Eine Professionalisierung war seitens der Gesellschaft undenkbar, der Berufswunsch Künstlerin gänzlich inakzeptabel, der Weg dorthin ein steiniger, oftmals unerfreulich.
Das Buch widmet sich jenen Frauen, die ihn trotzdem gegangen sind. Beharrlich gegen gesellschaftliche Schranken protestiert haben um sie zu überwinden. Viele mussten das eigene Elternhaus verlassen und ohne finanziellen Rückhalt ins Ausland gehen, um sich selbst verwirklichen zu können. Selbstbestimmt und mutig, denn oftmals war die angestrebte Erfüllung, die öffentliche Präsentation der eigenen Werke, gelinde gesagt zermürbend. Die Irritation der Gesellschaft gipfelte in Kritiken, die die Kunstobjekte als "unqualifizierte Leistungen" oder "unreife Schülerarbeiten" abstempelte. Doch gerade der Hohn bestärkte viele Künstlerinnen. Wenige von ihnen wurden in den Kanon der Kunstgeschichte aufgenommen, wie Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz, Marianne Werefkin, Gabriele Münter und Else Lasker-Schüler. Diese Namen sind uns geläufig und stehen dennoch völlig gleichwertig neben jenen, die in Vergessenheit geraten sind oder auch einfach nie bekannt wurden. Eine von ihnen ist Elisabeth Büchsel, ihr Lebensweg ist exemplarisch für die Biographien vieler künstlerisch begabter Frauen aus jener Zeit. Schon in jungen Jahren zeigt sich ihr Talent, die Eltern fördern sie nach ihren Möglichkeiten. Zunächst ohne Vorbehalte, galt das Zeichnen und Malen doch als überaus wertvoller Zeitvertreib in der guten Erziehung eines großbürgerlichen Mädchens. Nur aufgrund ihres Eigensinns darf sie die Ausbildung nach der Volljährigkeit zunächst auch fortsetzen. Sie reist nach Berlin um ein Malstudium aufzunehmen. Doch der Zweifel der Eltern sitzt tief und Elisabeth muss nach Stralsund zurückkehren. 1896 lässt sie schließlich die Familie zurück und reist ohne finanzielle Unterstützung erst nach Berlin, dann weiter nach Paris um an der Académie Colarossi am Montparnasse zu studieren. Das gesamte Oeuvre der eindringlichen Beobachterin ist stark impressionistisch geprägt, ihr Leben auf der Insel Hiddensee beschaulich und sehr zurückgezogen, ihr Lebenswerk bis heute kaum gewürdigt und nur wenigen bekannt. Das Buch beschreibt die wichtigsten Künstlerkolonien und Kunstzentren, jede Künstlerin wird mittels einer Kurzbiographie vorgestellt. Ungemein informativ und gleichzeitig kurzweilig präsentieren Katja Behling und Anke Mangold die Lebensgeschichten der Frauen. Fotografien, Selbstportraits und Kunstwerke ergänzen die Texte. Die Werke werden in den kunsthistorischen Kontext eingebettet und durch die Beschreibung der sozialen Kontakte der Künstlerinnen zu einander oder auch zu ihren männlichen Kollegen erhält der Leser einen umfangreichen Überblick über das zeitgenössische Kunstgeschehen. Alles in allem eine gelungene Publikation. (Marie-Therese Hochwartner)
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