Der historische Roman "Die Ketzerbibel" von Elisabeth Klee spielt im Jahr 1310, als die Inquisition in Europa wütete. Im Zentrum der Handlung stehen dabei die Frauen vom Beginenhof, die in klosterähnlichen Gemeinschaften, aber weltoffen, zusammenlebten und als frühes Emanzipationsmodell gilt.
Als die geteerte und gefederte halbverhungerte Bettlerin Danielle auf dem Marktplatz von Bertuis in der Provence zusammenbricht, wird sie von den Frauen am Beginenhof aufgenommen und so gerettet. Wieder zu Kräften gekommen bleibt sie zunächst in der Frauengemeinschaft, auch, um ihr Gedächtnis wieder zurück zu erlangen. Rasch stellt sich heraus, dass Danielle einige Fähigkeiten besitzt, die an eine universitäre Ärzte-Ausbildung erinnern. Fähigkeiten, die in Bertuis mit Misstrauen begegnet werden. Was so weit führt, dass Danielle schließlich unter Anklage der Hexerei gestellt wird. Soweit der Kurzinhalt. Die Autorin entfaltet in ihrem Debüt-Roman zwar keine neuen Wesenszüge innerhalb des Genres Historischer Roman, stilistisch schafft Klee aber die Kurve nicht ins allzu schwülstig romantisch-verklärte und kitschige abzudriften, sondern vielmehr den Spannungsbogen durchgehend zu erhalten. Vor allem aber erfährt man durch Elisabeth Klee einiges über die Beginen, die in der religiösen Aufbruchsstimmung des 13. Jahrhunderts entstanden. Die Beginen richteten sich in ihrer Gemeinschaft vor allem gegen die Verweltlichung und den Reichtum des Klerus und mit Marguerite Porete aus dem Hennegau kam aus der Beginen-Gemeinschaft auch eine Frau hervor, die zu Beginn des 14. Jahrhunderts das Lehrbuch "Spiegel der einfachen Seelen" schrieb – eben jene "Ketzerbibel". "Dort", so die Autorin, "zeigte sie in sieben Stufen einen Weg, durch Disziplin und völlige Selbstaufgabe zu einer Einheit mit Gott zu gelangen." Für häretisch empfunden wurde Porete trotz Anerkennung ihres Werks von einigen angesehenen Theologen der Zeit von der Inquisition verfolgt und 1310 in Paris verbrannt. Die Protagonistin des Romans – Danielle – ist dezidiert keine historische Person, beruht aber dennoch nicht ausschließlich auf die Fantasie der Autorin. Klee: "Soweit bekannt, war die berühmte Schule von Salerno in Kampanien im Süden Italiens die einzige Lehr- und Forschungsanstalt, in der Frauen sowohl lernen als auch lehren durften." Basierend auf diesen Ausnahmezustand basiert der Charakter von Danielle. Unumgänglich in "Die Ketzerbibel" ist freilich auch die integrierte Liebesgeschichte zwischen dem weltoffenen Arzt aus Bertuis und Danielle – ein Stilmittel, damit die Handlung voranschreiten kann und Klee nach überraschend kurzweiligen 474 Seiten doch noch zu einem Ende gelangen kann. Ein Roman für Zwischendurch. (Manfred Horak) Buch-Tipp: |
|