Eines der interessantesten Jugendbücher der letzten Jahre, vielleicht sogar seit Michael Endes "Die unendliche Geschichte", liefert der amerikanische Illustrator und Autor Brian Selznick mit dem Roman "Die Entdeckung des Hugo Cabret", einer Hommage an Filmpionier Georges Méliès, ab. Der Regisseurgroßmeister Martin Scorsese verfilmte diese berührende Geschichte und avancierte damit zum Oscar-Favoriten 2012.
Der Erzählfluss des Romans verbindet Sprache und Bild in perfekter Ergänzung ohne gleichzeitig vorzukommen. Über unzählige Seiten bietet Selznick einen gezeichneten Stummfilm, der keiner Worte bedarf, um sich unvermutet dem bildlosen Drehbuch zuzuwenden. So bleibt die Geschichte immer beweglich, noch dazu auf höchstem Niveau. Erzählt wird eine fiktive Spurensuche und eine Annäherung an die Person Georges Méliès, einer der Pioniere der Filmgeschichte und Erfinder des "narrativen Films" und der Stop-Motion-Filmtechnik, und von dessen Automaten-Sammlung, die einem Museum geschenkt wurde, wo sie jedoch auf einem feuchten Dachboden vernachlässigt und schließlich weggeworfen wurde. Ein Automat steht dabei im Zentrum der Geschichte, nämlich jener vom Erfinder Maillardet aus dem 19. Jahrhundert. Der Automat - eine Art Roboter mit kompliziertem Räderwerk und Mechanismus - wurde bei einem Feuer beschädigt, nach der Restaurierung brachte dieser zur Verblüffung aller verschiedene Geschichten und Zeichnungen hervor. Ort der Handlung ist Paris im Jahr 1931, der Held der Geschichte, der Waisenjunge Hugo Cabret lebt im Verborgenen in den Mauern des Pariser Bahnhofs und sorgt dort dafür, dass die Bahnhofsuhren regelmäßig aufgezogen werden. Eine Arbeit, die eigentlich sein verschwundener Onkel innehatte. So lebt Hugo also in einem kleinen Zimmer, stiehlt Lebensmittel um durchzukommen. Sein einziger Besitz ist eine geheimnisvolle Zeichnung und ein Notizbuch, ein gestohlener Schlüssel und eben jener mechanische Mann, den er versucht zu reparieren und wieder instand zu setzen, weil er glaubt, dass es eine Botschaft von seinem verstorbenen Vater sei. "Hugo erinnerte sich auch, dass ihm sein Vater manchmal abends aus den faszinierenden Abenteuergeschichten von Jules Verne und aus einer Sammlung von Hans-Christian-Andersen-Märchen vorgelesen hatte, die Hugos Lieblingsbücher waren. Er vermisste es, vorgelesen zu bekommen." In der Bahnhofshalle wird Hugo bei einem versuchten Diebstahl von einem alten Mann erwischt, bei dem er in Folge arbeiten darf und dort auf dessen Enkelin trifft. Gemeinsam gehen sie dem Mysterium der Zeichnung und des Notizbuches nach und gelangen letztendlich zu einer großen Erkenntnis. Brian Selznick verquickt in diesem Roman also nicht nur Illustration und Sprache geschickt miteinander, sondern webt ebenso fulminant Fiktion und Historie zu einem Teppich aus Weisheit, Poesie, Magie und sprachlicher wie gezeichneter Anmut. Ein Geniestreich. (Manfred Horak) Buch-Tipp: Link-Tipps: |
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