Apropos 'Keine Flüge über Europa': Eine apokalyptische Geschichte über die Folgen des Klimawandels an einem ganz normalen Tag im Juli erzählt der deutsche Autor Jürgen Domian mit "Der Tag, an dem die Sonne verschwand". Hier wird nichts erklärt, sondern alle im Roman vorkommenden Ereignisse als unantastbare Tatsachen dargestellt. Und genau das macht diese unheimliche Story so stark.
Jürgen Domian appelliert an die Vorstellungskraft der Leser. Es ist Juli, also Hochsommer, seit Monaten herrscht in ganz Europa sengende Hitze und Trockenheit mit Temperaturen von über 40 Grad. An einem dieser gewohnt heißen Tage kippt zur Mittagsstunde plötzlich das Wetter ins Gegenteil, ein Orkan mit Regen und Hagel zieht auf, die Temperaturen sinken auf Null Grad, es beginnt zu schneien, am Nachmittag ist es bereits stockdunkel. Lorenz, der dieses Geschehen von seiner Dachgeschosswohnung aus fasziniert beobachtet, stellt fest, nachdem er sich aufrafft die Wohnung zu verlassen, dass alle Menschen verschwunden sind. Einfach weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Keine Anzeichen von Gewalt, kein Blut, keine sonstigen Hinweise. Keine Flugzeuge am Himmel und Autos stehen vereinsamt mitten auf der Straße, Restaurants mit gedeckten Tischen und mit zum Teil noch warmen Mahlzeiten sind ebenso menschenleer, wie generell die ganze Stadt, die mehr und mehr unter der Schneedecke begraben wird. Warum er, Lorenz, noch da ist, weiß er genauso wenig wie er nicht weiß, warum alle anderen weg sind. Dieses Horrorszenario beschreibt Jürgen Domian in der Ich-Form, aus der Sicht von Lorenz in Form eines Tagebucheintrags als steten Monolog und inneren Kämpfen mit sich. "Das Schreiben hier (ich tippe hier auf meiner alten Reiseschreibmaschine) tut mir gut. Es gibt mir das Gefühl ein Gegenüber zu haben, einen Menschen, dem ich erzählen kann. Ich bin nicht so alleine, wenn ich schreibe. Den Gedanken, dass vielleicht nie jemand meine Aufzeichnungen finden und lesen wird, dulde ich nicht. Ich schreibe gegen den Tod. Nur darum geht es." Eine Suche auch nach sich selbst Soll er sich auf die Suche machen oder soll er sich in seiner Wohnung verschanzen? Zunächst deckt er sich mit allem Notwendigen ein, damit er die nächsten Monate unbesorgt über die Runden kommt, bis er schließlich die verkrampfte Suche nach weiteren Überlebenden beginnt. Der Autor belässt es allerdings nicht dabei, sich ausschließlich auf die unwirklichen Gegebenheiten zu thematisieren, vielmehr beginnt Lorenz auch eine Suche nach sich selbst, knüpft Erinnerungen und zerfließt dabei fast vor Selbstmitleid, bis er eben aufbricht und tatsächlich fündig wird und einen zweiten Überlebenden findet. Finn und Lorenz freunden sich an und überleben dadurch, dass sie einander alles erzählen. Und dann: "Während ich hier schreibe, rede ich gleichzeitig mit Finn. Er sitzt neben mir. Wir sind fassungslos! Vorhin, so gegen sieben Uhr, verwandelte sich der Himmel binnen Kürze wieder! Und wurde erneut ein wenig heller! Zunächst sah alles so aus wie gestern. Aber dann, vielleicht nach weiteren zehn Minuten kam noch eine Nuance Helligkeit dazu. Und so ist es geblieben - bis jetzt. Wobei es draußen nach wie vor sehr düster ist, aber eben deutlich heller, als wir es seit vielen Monaten kennen." Verändert sich mit dem Lichtschimmer die Situation wieder zum Besseren? Gibt es noch weitere Überlebende? Oder ist ein letzter Hoffnungsstrahl vor dem endgültigen Inferno? Lesen! (Manfred Horak) Buch-Tipp: Link-Tipps: |
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