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 Eine weitere Geschichte über die erste große Liebe

In seinem Roman Präludium für Josse erzählt der niedersächsische Autor und Darsteller kleiner Clownerien Snorre Björkson die Geschichte der zwei jugendlichen Musikgenies Holtes und Josse, die sich auf den Weg machen um gemeinsam auf den Spuren ihres großen Vorbilds und Lieblingskomponisten Johann Sebastian Bachs zu wandeln. Holtes erkennt in dieser gemeinsamen Reise die Chance die junge Musikerin zu erobern. Josse, die zwar bemerkt wie es um die Gefühle des Jungen bestellt ist, erwidert seine Verliebtheit aber nicht. Nicht ganz im Sinne seiner jugendlichen Phantasien, kommen sich die beiden auf dieser Reise im Iglu-Zelt zwar näher, aber eine richtige Gelegenheit, das Herz der Studentin für sich zu gewinnen, bietet sich für jedoch Holtes nicht. Natürlich, wie sich das für ein ordentliches Liebesdrama gehört, endet die Zeit der  großen Gefühle mit dem Erreichen ihres Ziels in Lübeck. Die Wege der beide trennen sich und die erste große Liebe hinterlässt einen dumpfen Schatten auf der Seele des gequälten Jungen.

Unrealistische Darstellungen und schwülstige Sprache

Snorre Björkson zeichnet in seinem Roman "Präludium für Josse" die Psyche eines  jungen Menschen, der sich erstmals - auf ziemlich intellektueller Ebene - mit dem Thema Liebe auseinandersetzt. Die Charaktere die Björkson entwirft wirken gekünstelt und aufgesetzt. Der Leser kann hinter den Gesprächen und Gedanken der Teenies, die kaum auf die pubertierender Jugendlicher schließen lassen, immer wieder den fast vierzigjährigen Autor erkennen, der sich nur schwer in die Situation Jugendlicher einfühlen kann. Neben der unrealistischen Darstellung der Figuren, ist es auch die Sprache niedersächsischer Teenies, die mit ihren "Moin, Moin" oder "Nej, nej" im starken Kontrast zu der sonst schwülstigen und blumig-übertriebenen Sprache stehen, die den Text nahezu unleserlich machen.

"Sie, das aschblonde, glatte Haar fiel ihr ungebunden herab, hielt sich mit den Händen am Metall fest und zog sich mit einemmal auf die obere Strebe des Gitters, so dass sie ihren Schulkameraden überragte, indessen er, gut sichtbar waren seine fein geschwungene Nase und die vollen braunen, leicht gewellten Haare, die Füße am Boden behalten hatte und sich nun umdrehte, jedoch, so schien es, ohne sie direkt anzublicken, das Gesicht vielmehr zum Fenster gewandt."

Der Versuch einer musikalischen Komposition im Sinne eines Bach'schen Präludiums scheitert an der aufgesetzten und unstimmigen Darstellung der Handlung, der Charaktere und der Sprache. (Carina Kerschbaumsteiner)

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Aufbau-Verlag  (2006)
Gebundene Ausgabe, 259 Seiten
ISBN-10: 3351030851
ISBN-13: 978-3351030858

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Snorre Björkson
Gesendet: Donnerstag, 11. Oktober 2007 17:36
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Betreff: An Frau Carina Kerschbaumsteiner


Moin leve Fru Kerschbaumsteiner!

Normalerweise antworte ich nicht auf Kritiken, weder auf die wohlwollenden, noch auf die negativen. In diesem Fall möchte ich doch eine Ausnahme machen, auch auf die Gefahr hin, Ihnen damit weitere Angriffsflächen zu bieten. Gut, mein Roman scheint Sie nicht erreicht zu haben, er ist Ihnen zu blumig, darf ich sagen zu romantisch? Ganz sicher ist er nicht zeitgemäß. Das will er auch gar nicht sein.

Dieser Roman will nicht die Sichtweise heutiger Teenies abbilden. Schon das Wort "Teenies" offenbart ein Missverständnis und deutet eine Erwartungshaltung an, die ich nicht erfüllen mag. Ich kann auch nur über eine Jugend schreiben, die ich kenne. Alles andere wäre vermessen. Mein Roman spielt in den achtziger Jahren, und auch dort ist die Hauptfigur ein romantischer Aussenseiter, jemand, der von sich meint "aus der Zeit gefallen" zu sein. Mit Verlaub: Ich finde auch das intellektuelle Niveau des jungen Holtes nicht übertrieben hoch, manchmal eher ein bißchen zu kindlich naiv. Man durchschaut doch leicht, daß er der älteren Freundin imponieren will. Ganz abgesehen davon erzählt auch nicht der fünzehnjärige, Schüler, sondern ein Endzwanziger. Ich kann mich übrigens sehr gut an meine Schulzeit erinnern und habe auch einiges an Textmaterial aus dieser Zeit. Nun ist meine Jugend aber sicher anders gewesen als die Ihre. Übrigens mag auch intellektuelle Distanziertheit eine Charaktereigenschaft sein, die zwar unzeitgemäß konservativ erscheinen kann, aber eben an sich kein literaturwissenschaftliches Kriterium darstellen sollte.

Ich glaube, das Problem liegt woanders: Entweder man läßt sich, aus meist sehr persönlichen Gründen, auf die Figuren eines Romans ein, oder man tut es eben nicht. Übrigens spricht man in Niedersachsen zuweilen wirklich so, und es tun gerade auch die, die über eine hohe Schulbildung verfügen. Diese Sprachebenen abzubilden, muß erlaubt sein. Wahrscheinlich empfinden Sie auch Uwe Johnson als unleserlich?

Daß sie den ausgewählten Textausschnitt nicht als literarisches Spiel begriffen haben, ist schade. Es ist eine Thomas Mann-Adaption, die mit dem "vorbei" aufgelöst wird. Und die blumige Sprache, den - ich nenne es Mut zur Poesie - darf ein 15-16-jähriger Teenie wohl haben. Wer, wenn nicht er? Hier erlaubt die Ich-Erzählung etwas, was anders kaum möglich wäre. Eine Ich-Erzählung ist immer hochgradig subjektiv, muß subjektiv sein. Daß der ganze Roman ein Spiel mit Sprachebenen, Stilen, Literaturen, Zeiten ist, dürfte nicht so schwer zu entdecken sein. Jede Zeit glaubt, ihr Stil wäre angemessen und richtig und verwirft das vorherige. Dieser Haltung der Moderne würde Holtes wahrscheinlich widersprechen. Nun verwechseln Sie mich aber bitte nicht mit meiner Romanfigur. In meinen Augen ist Holtes der zeitlose Romantiker, der immer meint, irgendwo in einer mythischen Vergangenheit, hätte es noch echte Liebe, echte Poesie, echte Musik gegeben.
Man darf diese Haltung kritisieren. Dann aber muß man sich erst auf die Sichtweise und die ihr entsprechenden Stilmittel einlassen.

Ein Roman, der seine Leser entzweit ist mir aber letztlich lieber, als diese gleichförmig, uninteressierte, distanzierte, allerhöchstens ironische "Sprechweise", die momentan in der deutschsprachigen Literatur vorherrscht.
Aber hinter diesem literarischen Streit verbergen sich vermutlich zwei gänzlich verschiedene Ansichten über die Welt.

Einen lieben Gruß in den fernen Süden.

Snorre Björkson