nurblau_in

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Skarabaeus (2006)
Roman
220 Seiten
ISBN-10: 3708232003
ISBN-13: 978-3708232003

Jo ist besessen von Yves Klein und seinen blauen Monochromen. Als er zum ersten Mal dieses Blau sieht, eröffnet sich ihm eine neue Dimension der Wirklichkeit: "Es war anders als alles, was er vorher gesehen hatte. Es war ein bunter Fleck, der in seine Welt kam, plötzlich hineingestopft in sein Leben. Es war da und ging nicht weg. Es ging nie mehr weg. Das Blau." Als Jo sein Leben gänzlich der Reproduktion dieses Blaus widmet, lernt er eines Tages Mosca kennen. Die beiden werden ein Paar, und Jo dringt mit seiner Liebe in das sichere Leben des Literaturkritikers ein, der, fern ab von der lauten Welt, in seiner Frankfurter Eigentumswohnung im 32. Stock lebt. Den theoretischen Kritiker Mosca faszinieren Jos schöpferische Energie und seine Hingabe; er liebt es, wie Jo sein Leben mit Farbe erfüllt. Als Jo eines Tages die 'Klein-Formel' knackt, beschließt er, zusammen mit seinem Freund die Fälschungen zu verkaufen. Der große Traum Jos geht in Erfüllung, als er mit dem Geld ein Klein-Original am Schwarzmarkt erwirbt. Doch das Glück der Liebenden nimmt ein jähes Ende, als Jo eines Tages von der Leiter fällt und stirbt. Für Mosca endet hier sein altes Leben, doch die Romangeschichte nimmt nun erst ihren Anfang. In einer grandiosen Hetzjagd um ein Original von Yves Klein, um das große Geld, um die wahre Liebe und dem Streben nach physischer und psychischer Heilung erzählt der Tiroler Bernhard Aichner in Nur Blau viele Geschichten: die von Olivier und Herta, einem belesenen Müllmann und einer verhinderten Köchin, von Ben und Anna, einem übernachteten Taxifahrer und einer verletzten Künstlerin, von Onni und Ming, einem inkontinenten Dänen und einer chinesischen Studentin, und vor allem von Jo und Mosca. Denn mit Mosca steht und fällt die Geschichte, wie die Schicksale der Figuren.

"Nur Blau", der zweite Roman des Autors, ist eine Geschichte der menschlichen Sehnsucht. Der Wunsch nach einem neuen Leben, nach dem Glück, offenbart den Charakter jeder einzelnen Figur, und am Ende wird klar, dass das wahre Glück letztendlich nur in der Liebe gefunden werden kann. Das Schicksal, das alle Figuren steuert, zeigt sich dem Leser in den beschriebenen Bildern, die Aichner, der selbst als Fotograf arbeitet, kunstvoll ablichtet. So versinnbildlicht auch Moscas Lieblingswerk von Yves Klein "Der Sprung in die Leere" - eine Fotografie, in der Klein frei schwebend im Sprung vom ersten Stock eines Hauses zu sehen ist - den ureigensten Zustand der Figur. Nicht umsonst ist Mosca mit seinem Namen, der auf italienisch wie spanisch 'Fliege' bedeutet, bedacht. 

Gekonnt erzählt Aichner seine Geschichte in minimalistischer Sprache, mit der er ungeheuer viel erreicht, denn er schafft eine eindrucksvolle Psychologie der Figuren. Die Handlungsstränge laufen wie Fäden immer wieder zusammen und gehen auseinander, bis sie sich am Ende in rasanter Geschwindigkeit noch einmal vereinigen. Ohne Zweifel ist dem Autor mit "Nur Blau" das gelungen, was so vielen Romanen heute abzugehen scheint: Eine gut konstruierte und mitreißend erzählte Handlung. (Julia Zarbach) 

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