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Wagenbach (2007)
Aus dem Italienischen von Iris Schnebel-Kaschnitz
Gebunden mit Schutzumschlag. 240 Seiten
ISBN 978-3-8031-3211-6
Große Literatur ist man von Luigi Malerba ja bereits seit etlichen Jahren gewöhnt, und so präsentiert sich der italienische Autor auch in seinem Roman „Römische Gespenster“ als ein Meister des Wortwitzes und Könner des Erzählens. Das vermögende Ehepaar Clarissa und Giano - sie braucht keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen, er ist Stadtplaner und beschäftigt sich intensiv mit der Dekonstruktion in Großstädten – sprechen nicht sehr viel miteinander, noch weniger über ihre Affären. So beginnt Giano also darüber zu schreiben. „Ein Roman, so bürgerlich wie seine Protagonisten, aber mehr eine Befreiung von meinen unterdrückten Wutanfällen als ein Roman. Auf den Heftdeckel habe ich lediglich zwei Initialen gesetzt: U.D. für Urbanistische Dekonstruktion. Da ich das Heft fast immer zu Hause lasse, wo ich nichts unter Verschluss halte, bin ich sicher, dass die beiden Initialen und meine schreckliche Handschrift genügen werden, Clarissa von der Lektüre abzuhalten.“ Weit gefehlt, natürlich. Clarissa liest und staunt und ärgert sich. Was ist Wahrheit, was ist Wirklichkeit? Wo endet die realistische Darstellung, wo beginnen die Fantasien? Malerba lässt Kapitelweise abwechselnd Clarissas und Gianos Gedanken formulieren, ihre jeweilige Sicht der Dinge darstellen. Sie rechtfertigen sich, überlegen, rekapitulieren vergangene Szenarien und stellen nach und nach eine Bestandsaufnahme ihres gemeinsamen Lebens auf. Eifersucht spielt freilich auch eine große Rolle in dieser Miniatur an Momentaufnahmen. Selbst dann, als ihr beider Freund und Clarissas Geliebter – Zandel – schwer erkrankt und für beide nicht mehr erreichbar ist. „Sogar jetzt, wo sein Freund nur noch mit Transfusionen weiterlebt und auf keine Weise ein Konkurrent für ihn sein könnte, muss Giano eine alte Eifersucht ausgraben – an jenem Tag noch verstärkt durch Zandels aufsehenerregende Erklärung im Schwimmbad, die ihm das Herz zerrissen hat. Ich frage mich immer noch, ob Giano sie – dieses Mädchen – unbewusst identifiziert und somit verstanden hatte, dass es sich um Clarissa handelte. […] In Erinnerung an die aufsehenerregende Liebeserklärung von Zandel habe ich eine weitere Praline gegessen.“ Aus dem Ruder gerät das Leben von Clarissa und Giano, nachdem er in seinen fiktiv-realistischen Roman die Behauptung aufstellt, dass Luccio, ein anderer Geliebter von Clarissa, HIV-infiziert sei. „Auf nur zwei Zeilen sagt er – trocken wie ein Gewehrschuss – dass Lucci Nerissi bekanntermaßen seropositiv ist. Das bedeutet für mich den Tod, angekündigt von Giano in wenigen Worten.“ Der 1927 in Berceto bei Parma geborene Autor geht in weiterer Folge zwar immer noch linear in der Erzählstruktur vor, bietet allerdings zwei gleichwertige Enden an. Clever. (Manfred Horak)