Hörspiel: @@@@@@
Klang: @@@@@
Label/Vertrieb: der hörverlag (3 CDs; 2007)
„Ich habe nur meinen Dienst gemacht“, „Ich hatte keine Zeit mir den Inhalt der Waggons anzusehen“. – „Man wusste nicht…“, „Ich hatte nichts anderes zu tun…“, „Ich dachte mir, das sind die Bäckereien – es wurde Tag und Nacht Brot gebacken, es war ja ein großes Lager...“. Zeugenaussagen über das Konzentrat des Nazi-Terrors und gleichermaßen ein Mahnmal gegen die Verdrängung ist Inhalt und Zentrum des Hörspiels „Die Ermittlung – Oratorium in 11 Gesängen“ von Büchner-Preisträger Peter Weiss in der Hörspielbearbeitung von Hermann Naber unter der Regie von Peter Schulze-Rohr mit Fritz Strassner, Herbert Fleischmann, Hanne Hiob, Helmut Peine und vielen anderen, basierend auf das Strafverfahren „gegen Mulka und andere“, beginnend am 20. Dezember 1963, der erste Prozess, in dem die bundesdeutsche Justiz versuchte, die Verbrechen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern zumindest exemplarisch zu verhandeln. Kann man daraus ein Theaterstück und ein Hörspiel machen? Dass man kann, und wie gut das funktioniert zeigt das am 19. Oktober 1965 auf vier Bühnen in Deutschland gleichzeitig uraufgeführte, und wenige Tage später von den zehn bundesdeutschen Rundfunkanstalten als eigene (und hier vorliegende) Hörspielfassung umgesetzte „Oratorium in 11 Gesängen“, das von Beginn an ob der Frage nach der allgemeinen bzw. der eigenen Mitschuld auf höchst kontroverse Meinungen in der Bevölkerung stieß. „Ich hatte nichts damit zu tun“ – Stereotypen wie diese hört man auf diesen 3 CDs zuhauf. Befragt wurden Blockführer aus Auschwitz, Apotheker, SS-Zahnärzte, Adjutanten, Schutzhaftlagerführer und deren mehr, befragt wurden aber auch Zeugen, die die Gefangenschaft überlebten. „Die Ermittlung“, so kann man im aufwändig gestalteten Booklet nachlesen, „bleibt in ihrer spezifisch künstlerischen Form ein epochaler Akt der Aufklärung, der schmerzhaften Erinnerung und der kritischen Selbstbefragung“. Stimmt. Ein unheimlich gruseliges Lehrstück, das man kennen muss, um das Verständnislose ein wenig mehr zu verstehen. "Ich habe nur getan, was ich tun musste." Begreifen wird man es wohl nie. (Manfred Horak)