Werner Koflers "In meinem Gefängnis bin ich selbst der Direktor" bietet einen Querschnitt durch die Koflersche Textlandschaft von den 1960er Jahren bis ins neue Jahrtausend. Auszüge aus bekannten Schriften des Autors wie Hotel Mordschein, Tanzcafé Treblinka, Aus der Wildnis, Am Schreibtisch sind neben anderen Texten, die bis jetzt nicht leicht zugänglich waren, in diesem Band versammelt.
Kunst muss die Wirklichkeit zerstören
Die ausgewählten Texte spiegeln Koflers wichtigste Themen seines literarischen Schaffens, wie die Auseinandersetzung mit der österreichischen Vergangenheit und Gegenwart und die Thematisierung von Literatur und ihrer Aufgabe – oder im Koflerschen Sinne Nicht-Aufgabe – wider. Die Abhängigkeit der Literatur von der Wirtschaft wird von dem Autor immer wieder kritisiert, und seine eigenen negativen Erfahrungen, die er mit dem Literaturmarkt machte, verarbeitet. Amüsiert gibt sich Kofler auch über seine Leserschaft und die Literaturkritik: "- Daß die Leute nicht mehr in der Lage sind, ein Buch, mein Buch als das zu lesen, was es ist: Ein Kunststück, eine Kunstübung, eine INVENTION (- sich an die Schreibmaschine setzen und zu spielen, zu spinnen beginnen) – nicht mehr, nicht weniger."
In alter Manier gibt sich der Autor wortspielerisch, zynisch und satirisch. Der in Kärnten geborene Wahlwiener schreckt nicht davor zurück, seine Landsmänner zu verunglimpfen, Villacher als "Grinsegesellschaft" zu bezeichnen, und die österreichische Vergessenskultur anzuprangern. Sein viel zitiertes Pamphlet "Kunst muss die Wirklichkeit zerstören" ist gleichzeitig auch Teil seines literarischen Programms, in dem Kofler mit vergangenen und gegenwärtigen Zuständen abrechnet. Neben satirischen Momenten ist aber auch die Wut des Autors nicht zu überhören, die eine brutal empfundene Welt nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Form reflektiert. Kofler lehnt die Kohärenz ab, um so die Wahrheit zu dekonstruieren und zu kritisieren. Durch Montage, Zitate und intertextuelle Anspielungen wird dem Leser eine aktive Beteiligung am Text abgefordert, die sich gegen das traditionelle Literaturverständnis richtet. So mutet Koflers Werk auch immer wieder als "Geheimschrift" an. Die Prämisse: "Wenn Sie nachdenken und zu keinem Ergebnis kommen, haben Sie den Text verstanden." ist ein augenzwinkernder Aufruf an den Leser, das Zeichen nicht mit der Bedeutung zu verwechseln (und umgekehrt).
Herausgegeben ist das Lesebuch von Klaus Ammann, Professor für Literatur in Klagenfurt und wissenschaftlicher Leiter des Robert Musil Instituts, der zusammen mit Werner Kofler die Texte für diesen Band auswählte, die untereinander immer wieder Bezüge herstellen. Draufgaben sind ein Nachwort des Herausgebers, das dem Leser Einblicke in das Schaffen und die kontroverse Rezeption des Autors gibt und eine Audio CD, in der Werner Kofler Auszüge aus Herbst, Freiheit und Der Hirt auf dem Felsen liest. //
Text: Julia Zarbach
Foto: Éditions Œuvres ouvertes, Paris
Werner Kofler - In meinem Gefängnis bin ich selbst der Direktor
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Drava Verlag (2007)
Ln. geb. mit Audio CD
336 Seiten
ISBN 978-3-85435-505-2