Wie macht man ein Meisterwerk? Kann eine derartige Frage beantwortet werden? Nein. Natürlich nicht. Man kann sich höchstens auf jene Suche begeben wie es dazu kam, dass - mehr oder weniger plötzlich - ein Meisterwerk veröffentlicht wurde.

The Dark Side Of The Moon von Pink Floyd ist ohne Zweifel ein solches Meisterwerk, und John Harris, der Autor des vorliegenden Buches, führte lange Gespräche mit Roger Waters, David Gilmour und Nick Mason, um eventuell doch herauszufinden, wie man ein Meisterwerk macht. Also macht sich der profilierte Musikjournalist John Harris – er schreibt u. a. für Rolling Stone, Mojo und NME – dran herauszufiltern, was es herauszufiltern gilt, rollt die Geschichte der Band Pink Floyd neu auf, erinnert an die erste kreative Hauptquelle von Pink Floyd, an "den echten Hippie" Syd Barrett, er erinnert auch daran, dass Pink Floyd zu Beginn eine Blues-Band war – der Name Pink Floyd bezieht sich ja auch auf die zwei Bluesmusiker Pink Anderson und Floyd Council – und ob ihrer Unberechenbarkeit bald den Ruf erhielt, dass "keine Band so war wie sie".

Underground-Aristokraten

Vier Jahre benötigte John Harris für die Recherchen zum Buch, und diese vier Jahre zahlten sich wahrlich aus, denn mit viel Gefühl und Geschick verknüpft er den Weg bis zur dunklen Seite des Mondes mit unzähligen Anekdoten und bruchstückhaften Erinnerungen aus dem Umfeld der Band. Zentraler Punkt des Buches – wie bereits erwähnt – die Originalinterviews mit Pink Floyd (Richard Wright ausgenommen, der offenbar nicht darüber reden wollte). Roger Waters: "Als wir The Dark Side of the Moon aufnahmen, versuchten wir alle, so viel wie nur möglich zu tun. Es war eine echte Zusammenarbeit. Wie heißt noch mal die alte marxistische Maxime? Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen. Das war in etwa die Art, wie die Band zu jener Zeit arbeitete." Das Buch endet allerdings nicht mit der Veröffentlichung vom Album, sondern geht noch ein Stückchen weiter, denn bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "The Dark Side of the Moon" war Pink Floyd zwar bereits eine etablierte Band, aber bei weitem keine wohlhabende. Das änderte sich schlagartig mit dem Album, und damit kam es aber auch zu Komplikationen. Nochmals Waters: "Wenn ich ehrlich bin muss ich akzeptieren, dass ich an diesem Punkt zum Kapitalisten wurde. Du kannst dich nennen, wie du verdammt noch mal willst, aber wenn du plötzlich einen Haufen Geld bekommst, dann entsteht der Eindruck, dass du ein Kapitalist bist. Du kannst für humanitäre Ideen eintreten, was ich immer noch tue, aber die Dinge werden dann ein bisschen komplizierter." Absolutes Pflichtbuch für Musikfans. Lest rund um dieses Thema auch unsere Serie "Pink Floyd Remastered". //

Teil 1 (Yet Another Movie), Teil 2 (Mehr, immer mehr), Teil 3 (Gegen das Gegrunze der Masse), Teil 4 (Keine Band war so wie sie), Teil 5 (Wenn sich eine Band neu erfindet), Teil 6 (Reise auf der Suche nach sich selbst).

Text: Manfred Horak
Design: Hipgnosis

John Harris: Pink Floyd und The Dark Side of the Moon
Bewertung: @@@@@@
Hannibal Verlag (2007)
198 Seiten
ISBN-10: 3854452721
ISBN-13: 978-3854452720