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burri-portraitIm Blitzlicht der Pressefotografen sitzend zieht der Ehrengast der Pressekonferenz, Fotograf René Burri, seine eigene Kamera aus der Tasche und blitzt damit zurück. Burri's Blick ist anders. In der großen Retrospektive im Kunst Haus Wien kann man sich von seiner "zurückgezogenen Perspektive" selbst überzeugen - und dabei sehen, fühlen und staunen.


Der Mann mit dem Januskopf

Die Ausstellung "René Burri. Fotografien" mit 400 ausgewählten Fotografien von einem der bedeutendsten Fotografen der Gegenwart vereint die vielen Seiten dieses 'janusköpfigen' Kameramannes. René Burri, 1933 in der Schweiz geboren, beginnt bereits mit 16 Jahren das Studium an der Kunstwerbeschule in Zürich und somit mit der Fotografie. Schon einer seiner ersten Aufträge machen die Fotoagentur Magnum auf den talentierten Mann aufmerksam und legen den Grundstein für seine jahrzehntelange Arbeit als Bildredakteur, der für die bekanntesten Magazine, etwa Life, Look, Stern, New York Times u.v.m. das Zeitgeschehen auf der ganzen Welt festhält. Die Sammlung von Vintage Prints und Zeitungsartikeln gliedert sich in 10 Stationen, die umfassend von der Beschäftigung des Autoren- und Pressefotografen mit dem Leben in all seinen Facetten zeugen. Eindrücke von Reisen, von Menschen, gelebte Utopien, seine Sicht auf 'Die Deutschen' oder die 'Schule des Sehens' sind nur einige Etappen dieses stimmungsvollen Rundganges durch zwei Ebenen im Kunsthaus Wien. Formal anspruchsvolle, ja, ästhetische Abzüge sind es, die den Besucher immer wieder entweder vor den Kopf stoßen, zum Nachdenken anregen oder lächeln lassen. Sehr schnell bemerkt man beim Betrachten der Fotos, dass Burri seinen ganz individuellen Stil kreiert hat und der heißt: Geschichte und Geheimnis in einem Bild verpacken.

Ein Bild, eine Geschichte

Dieses leblose Wesen auf dem Foto, es wirkt als liege es in der eigenen Blutlache. Tatsächlich aber zeigt das Bild ein von Kriegsbomben zerstörtes Flugzeug. Die Irritation berührt und macht darüber hinaus klar: René Burri ist mehr als ein einfacher Bildchronist. Burri ist ein Künstler, ein Spürhund für Stimmungen und Menschen, die sich in jedem einzelnen Foto manifestieren. Wie der Fotograf in der Pressekonferenz selbst, erzählen auch seine Fotografien teils ergreifende, teils abenteuerliche Geschichten: etwa vom North East Blackout in New York, eine "der magischsten und friedlichsten Nächte" in der Stadt die niemals schläft. Das weltberühmte Foto Che Guevaras, das einen überzeugten und noch mächtigen kommunistischen Anführer präsentiert. Oder die "Amerikanischen GIs in einem Club": vom Krieg verrohte Soldaten auf der Suche nach ein wenig Zuneigung. In 40 Jahren hat der Schweizer Fotograf mit seiner Kamera nicht nur die ganze Welt bereist, sondern auch viele Kriege gesehen. Tote, Verstümmelte oder Verletzte zeigen seine Bilder dennoch nicht, denn die Bedrohung der Waffen, die Angst die sie verbreiten und die Trostlosigkeit die sie mit sich bringen, vereint er in Fotos von Panzern, brennenden oder zerstörten Häusern, glücklosen Soldaten und immer wieder weiten, öden Flächen.

Von der Kunst und der Lust des Lebens

Von einer ganz anderen Seite präsentieren sich Burris Fotos von Künstlern, Schauspielern, Musikern, Fotografen oder Malern. Die Bilder kehren etwa die natürliche Schönheit einer Callas hervor, sowie sie die Konzentration und Hingabe Giacomettis bei seiner Arbeit wiedergeben. Wirkt so manches Foto auch wie ein Schnappschuss, beim längeren Betrachten der Bilder erkennt man, dass die Idee immer schon vorher da war. Die idealistische Idee mit einer Fotografie auf das Wahre dahinter zu verweisen und zumindest einen kleinen Teil zur Verbesserung der Welt beizutragen. Die Fotoserie "Unter Künstlern" bietet mehr als einen Blick hinter die Fassaden bekannter Artisten, es sind Bilder voller Leben, Aktivität und Freude. Dabei stechen besonders die Reihen von Le Corbusier und Picasso hervor. Lebendig und ganz privat porträtiert Burri einen Picasso, nicht als den Schöpfer weltbekannter Kunstwerke, sondern einen der sich dabei gefällt vor der Kamera Cowboy zu spielen, wie ein kleiner Junge. Dass das Leben aus vielen verpassten Gelegenheiten und einer großen Portion Glück besteht, hat Burri mit und durch seine Arbeit gelernt - diese Momente stets festzuhalten und dadurch zu wirken, auch. (Text: Daniela Unfried; Fotos: ©Rene Burri / Magnum Photos; ©Martin Parr / Magnum Photos)

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Ausstellungs-Tipp:
René Burri. Fotografien
Bewertung: @@@@@
18. November 2010 bis 11. Februar 2011
Kunst Haus Wien