Im New Yorker Stadtteil Bushwick im Bezirk Brooklyn ist eine Underground Kunst- und Kulturszene entstanden, die seit 2007 durch zwei jährliche Festivals, "Open Studios" im Mai und "BETA spaces" im November, ein kräftiges Lebenszeichen von sich gibt. Aus New York berichtet Denise Riedlinger.
Junge Musiker, Maler und Schauspieler finden hier Raum für Wachstum und billige Ateliers. Die Gitarristin Lily Maase, die von New Mexico nach New York zog und überrascht feststellte, dass sich die Avant-Garde Szene in Auflösung befand, nutzte die Freiheit in Bushwick als Inspiration. Sie organisierte am Dach ihres Lofts Jamsession-Kostümparties, bevor der Hausbesitzer die gesamte Musiker WG vor die Tür setzte. Wer was machen will, zieht nach Brooklyn New York, so hört man immer öfter, sei nicht mehr das, was es einmal war. In den 1970er Jahren Schauplatz einer Kulturrevolution, in den 1980ern ein zuhause für die wunderbaren 'Freaks' dieser Welt, in den 1990ern in den Händen von gierigen Wall Street Brokern die Kokshauptstadt schlechthin, schüttelt man, oder ich, fassungslos den Kopf angesichts der Schlagzeilen, die das neue Millenium diesem Giganten einer Stadt eingebracht hat. Die Ernüchterung nach dem Hype umgarnt Manhattan wie ein Spinnennetz: Am Union Square, dem historischen Brennpunkt zwischen kreativem Downtown und geschäftigem Midtown gibt es schon lange keine Second Hand Läden mehr. Stattdessen findet man hier Billigkleidung aus Pakistan, Supermärkte, und dort, wo bis vor kurzem der letzte Virgin Megastore zu Hause war, eine Drogerie und eine Bank. Das Grassroots Movement in Manattan ist tot. Wer was machen will, zieht nach Brooklyn. Künstlerateliers und Bioladen anstelle Betonwüsten Während Williamsburg und Green Point zwar immer noch die größte Dichte an Independent Music und Art vorzuweisen haben, ist es dort schon lange nicht mehr billig. Wer es 'roh' will, geht nach Bushwick. In den 1980ern noch eine der ärmsten Gegenden der Stadt, ist die Armut hier immer noch spür- und sichtbar. Aber man staunt nicht schlecht, wenn man inmitten der Garagen, abrissreifen Häuser und Betonwüsten plötzlich Künstlerateliers und einen Bioladen findet. Hinter der Fassade gibt es Nacht für Nacht Loftparties, Jamsessions, wird am Tag in Werkstätten mit Stahl und Holz gearbeitet, werden in riesigen Tonstudios selbst produzierte Alben eingespielt. Die Komponistin und Gitarristin Lily Maase lebt seit 2005 in New York City. "Ich kam nach dem Jazz Studium in Texas hierher auf der Suche nach der Avant-Garde. Ich war von Bill Frisell und Anthony Braxton inspiriert. Ich sah die letzten Spuren der Szene buchstäblich verschwinden. Tonic, der Club in dem ich quasi meine musikalische Bildung jeden Abend fortsetzte, sperrte dann 2007 zu. Als das passierte, dachte ich wirklich ans Weggehen." Bushwick Festivals Aber Lily Maase, Tochter eines Gitarristen, blieb. "Ich hatte noch nicht, was ich wollte von der Stadt. Ich wohnte in einem großen Loft mit anderen Musikern, und wir begannen Partys für bis zu 400 Leute zu organisieren. Aus diesem Impuls von vielen Einzelnen etwas Lebendiges zu gestalten, entstand schließlich die Kunstszene in Bushwick wie sie heute ist." Ursprünglich ein Haufen Amateure, werden die Bushwick Festivals inzwischen im Wochenmagazin Time Out gelistet. Muss man sich sorgen, dass diese Szene, wie zuvor die Lower East Side in Manhattan und Williamsburg, auch dem Hype zum Opfer fällt? "Garantiert nicht, dazu ist sie zu weit von Manhattan entfernt." Am 14. November 2010 kann man sich durch 'Do It Yourself' Galerien führen lassen, die Uraufführung der Multi-Media Komposition 'Data Dada' erleben, oder sich das an mehreren Plätzen gleichzeitig aufgeführte Tanz- und Videostück 'LitteraUrban' ansehen. Ach ja, und es gibt auch eine eigens für das Festival programmierte APP fürs Smart Phone zum Download. Damit werden die Besucher per GPS Signal durch die Gassen gelotst und erfahren unterwegs mehr über das Grätzl. (Text und Fotos: Denise Riedlinger; Foto von Lily Maase: Siobhan DeStefano)
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