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Piratenfilm? Nein! It's only Rock'n'Roll, but I like it.
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In einem Käfig aus menschlichen Knochen, 30 Meter in der freien Luft über einer Schlucht schwebend. Ja, das waren noch Abenteuer, die man erleben konnte, eigentlich auf der Suche nach einem Schlüssel, in Wirklichkeit in Gefangenschaft der Pelegostos, deren Gottheit in Menschengestalt niederkam, und durchaus Ähnlichkeit mit dem Rolling Stones-Gitarristen Keith Richards hat, im Gehen, im Stehen, im Reden, im Flüstern, in der Mimik, in den Gesten, dabei gefüttert wird bis zum Umfallen, damit er in Folge verfüttert werden kann. Jack Sparrow ist dieser wahrgewordene Rock’n’Roll-Traum eines Piraten, der kurz zur Gottheit erhoben wurde, kreiert von Johnny Depp, der sich fulminant in diese Rolle reinlegt, reinkippt und darin aufgeht. 

„Fluch der Karibik 2“ also, das wie der zu recht beliebte Vorgänger erneut einen Quantensprung hinsichtlich Abenteuerfilm und Wahnwitz schafft. Hervorragend die irrwitzige Fechtszene im überdimensionierten Hamsterrad, überragend die Masken der „Fliegenden Holländer“-Crew, aus denen alle möglichen Meeresfrüchte rausschwabbeln und atmen. Seesterne und –igel pulsieren und Muscheln platzen an die Hautoberfläche – in jeder Szene werden sie sichtbarer, nehmen überhand – super Detailarbeit, die da dank digitaler Fertigungskunst gemacht wurde.

fluch_der_karibik2_pirateninsel_karibik1fluch_der_karbik2_szene3Der Inhalt? Einst hatte eine Frau Davy Jones - dem legendären Kapitän des „Fliegenden Holländer“ und Herrscher über die Tiefen des Ozeans - das Herz gebrochen. Nun lebt er in ewiger Verdammnis, mit einem Bart, der Oktopus-Tentakeln gleicht und Scheren, wo einst seine Hände waren. Blöderweise hat genau dieser Davy Jones noch eine Rechnung offen mit dem Kapitän der Black Pearl, Jack Sparrow. 13 Jahre sind vergangen, seitdem er Sparrows Schiff vom Grund fluch_der_karbik2_szene4fluch_der_karbik2_szene2des Ozeans befreite und wieder an die Wasseroberfläche brachte. Nun ist die Zeit für Jack gekommen, den Preis für die Hilfestellung zu bezahlen: Davy Jones will Jack Sparrow. Und Jack Sparrow will das Herz von Davy Jones, das verschlossen in einer Truhe vor sich hin pumpt.

Davy Jones stellt Jack Sparrow ein letztes Ultimatum. 100 Seelen soll er im Austausch für die eigene binnen drei Tagen finden. Ein großes Verwirrspiel beginnt. Bleibt noch die Frage zu klären auf welcher Palme denn nun Keith Richards saß, während er die Dreharbeiten zu „Fluch der Karibik 2“ beobachtete und dabei vor lauter Stolz, dass Johnny Depp wie der Stones-Gitarrist geht und spricht unachtsam wurde und – flutsch! – die Kokospalme unfreiwillig runterrutschte, auf den Kopf fiel?

Oder handelte es sich dabei bereits zu den Dreharbeiten von Teil 3 (in dieser Folge wird Keith Richards ja zu sehen sein), oder war alles überhaupt ganz anders? Egal eigentlich. Der Film lebt. Versponnen und kurios wie nur was. Große Disney-Unterhaltung, die vor nfluch_der_karibik2_plakatichts zurückschreckt, schon gar nicht vor abgefahrenen Ideen. Hier wird Mut gezeigt, Tollkühnheit und Besessenheit. „Fluch der Karibik“ ist Rock’n’Roll (only Rock’n’Roll, but I like it, wie man es auch formulieren kann), also unvorhersehbar, laut, schnell, in die Tiefe gehend, voluminös, zeitlos. Sozusagen gespenstisch. Wer will schon Piratenfilme sehen, hieß es noch bis vor wenigen Jahren. Alle, lautet mittlerweile die richtige Antwort. „Fluch der Karibik (Teil 1 und Teil 2)“ sollte man kennen, weil es nicht nur originell ist, sondern auch das Original. (Manfred Horak)

Regie: Gore Verbinski
Darsteller: Johnny Depp, Orlando Bloom, Keira Knightley, Bill Nighy
Verleih: Buena Vista International (2006)
Fotos: Peter Mountain (© Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved)