Seit 34 Jahren gibt es bereits das Kinderfilmfestival, das Filme auf inhaltlicher und formaler Ebene sorgfältig auf die jeweilige Altersgruppe abgestimmt zeigt.
Thematisch geht es beim diesjährigen Festival ordentlich zur Sache, sei es, dass es darum geht, das Leben in den Griff zu bekommen, wie im französischen Film „Meine Brüder und ich“ (11+), sei es die eindrucksvolle Geschichte eines Jungen im Rollstuhl in „Der Kämpfer“ (9+), der seinen Traum allen Widrigkeiten zum Trotz nicht aufgibt, oder wenn der beste Freund im Film „Sublime“ (14+) zum Liebesobjekt wird. Der von der Kinderjury prämiierte Film „Die Drachenprinzessin“ (8+) handelt wiederum von Reichtum, Macht und die Kraft von Frauen, die sich mutig gegen eine von Männern beherrschte Welt stellen. Ein Animationsfilm, der optisch mit Hilfe raffinierter Kameraschwenks einiges herbringt. In zum Teil ungewohnten Perspektiven wird eine starke Geschichte erzählt, die u.a. auch die Unsinnigkeit von Gewalt und Krieg emotional zu vermitteln versteht. Hinzu kommt die atmosphärische Farbgebung des Films, das ihn im wahrsten Sinne des Wortes auszeichnet. Für das ganz junge Publikum gibt es spannend-schöne Filmmomente, z.B. wenn Papa Bär und Teddy in „Kuscheln wir“ (5+) eine Reise voller Abenteuer erleben oder beim Kurzfilmprogramm für Menschen ab 4 Jahren. Ein gelungener Beitrag im Festival ist außerdem „Mein Bruder, der Roboter“ (8+), der sich mit dem Thema künstliche Intelligenz auseinandersetzt mit all den Vor- und Nachteilen in einer Welt, in der Menschen mit und neben Robotermenschen leben. Ein spannender Science Fiction Film mit überraschenden Wendungen und reichlich Humor. In einer nicht allzu fernen Zukunft hat jedes Kind seinen eigenen Roboterassistenten zur Unterhaltung, zum Schutz und auch als Prestigeobjekt. Im Film heißt der Roboter Konrad und ähnelt einem Menschen verblüffend ähnlich. Spricht er vorerst etwas abgehackt, findet er sich in der Sprache schon bald zurecht und sogar tanzen und malen kann er. Alle sind von ihm begeistert. Alberte, die Konrad zum Geburtstag erhielt, wird plötzlich allseits beliebt und wird überall eingeladen. Aber, wir wissen es, wo Licht, da Schatten, denn Konrad hat ein dunkles Geheimnis. Es reagiert zu menschlich.
Es allen immer recht machen
Bei der Berlinale 2022 wurde der schwedische Film „Comedy Queen“ (12+) ausgezeichnet, der beim Kinderfilmfestival nun erstmals auch in Österreich zu sehen ist. Das Thema von „Comedy Queen“ ist kein einfaches: Es geht um ein 13-jähriges Mädchen, das einige Monate zuvor ihre Mutter durch Suizid verloren hat und nun nach einer Art sucht, damit umzugehen. Sie ist damit genauso überfordert wie ihr Vater Abbe, aber sie beschließt zu handeln, anstatt sich von der Trauer überwältigen zu lassen. Um nicht genauso depressiv zu werden, erstellt Sasha eine Überlebensliste. Das beginnt damit, dass sie nicht wie ihre Mama aussehen möchte und sich daher die Haare kurz schneidet. Da ihre Mutter gerne Bücher las, beschließt Sasha, nie wieder Bücher zu lesen, und auch den Hund will sie nicht mehr. Ihr Hauptziel liegt darin, dass sie ihren Vater wieder zum Lachen bringen kann. Deshalb beschließt sie, eine Comedy Queen zu werden. Wie man mit dieser immensen Trauer umgeht und mit diesem trotzigen Zorn, der stets spürbar ist, wird im Film hervorragend aufgearbeitet, nicht zuletzt dank den starken schauspielerischen Leistungen. „Comedy Queen“ ist ein echtes Filmjuwel, das hoffentlich auch regulär im Kinoprogramm aufgenommen wird. Im Rahmen vom Kinderfilmfestival wird zu diesem Film ein Theaterpädagogischer Workshop abgehalten, in dem auf spielerisch-kreative Weise die Themen und die Ästhetik des Films erkundet werden. Am letzten Tag des Kinderfilmfestivals wird übrigens der Internationale Tag der Kinderrechte gefeiert. Die ausgewählten Filme beim Sonntagsmatinee am 20.11. erzählen von engagierten Kindern, die ihr Recht auf Selbstbestimmung und ihr Recht auf ein Zuhause einfordern, wie es z.B. im kanadischen Film „Mein ganz eigener Zirkus“ (10+) erzählt wird. Der Vater von Laura liebt seine Freiheit und wehrt sich gegen alles, was auch nur den Hauch von Bürgerlichkeit verströmt und so fährt er mit ihr in einem Wohnwagen durch Kanada, um kleine Etablissements und Jahrmärkte mit ihrer Clownshow zu bespielen. Laura jedoch sehnt sich nach einem geordneten Leben und nicht zuletzt nach einem vollen Kühlschrank. Um Kinderrechte geht es auch im iranischen Film „Asteroid“ (9+). Ebrahim hilft bei der Dattelernte, führt Touristen durch die Wüste und arbeitet auf einem Pferdehof, alles unermüdlich für seine Mutter und fünf Geschwister, für die er sich verantwortlich fühlt. Kinderarbeit als tagtägliche Routine als unprätentiöses Porträt eines Jungen, dessen größtes Glück ist, seiner Familie eine Pizza zu backen. Zu sehen sind die Filme beim Kinderfilmfestival bis 20. November in den drei Wiener Kinos Cine Center, Cinemagic und Votiv Kino. //
Text: Manfred Horak
Foto: Kinderfilmfestival 2022
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