"Hoffnungslos optimistisch" heißt das fünfte Soloprogramm von Christoph Sieber. Der gebürtige Schwabe stand Kulturwoche.at für ein Interview zur Verfügung.
Kulturwoche.at: Dass politisches Kabarett/Satire/Kritik mit dem politischen Alltag nicht mithalten kann wird uns mehr oder weniger täglich schmerzlich bewusst. Helmut Qualtinger z.B. zog sich aus dem Kabarett im Jahre 1960 zurück. Er begründete es später mit den Worten, dass "diese Form der politischen Kritik, oder der Satire, eigentlich effektlos war. Sie hat nichts Wesentliches verändert. Im Gegenteil, sie wurde anerkannt, es entstand eine Art Vernichtung durch Anerkennung." Welche Einstellung haben Sie dazu?
Christoph Sieber: Wenn Satire etwas bewirken würde, wäre sie längst verboten - so könnte man auch argumentieren. Auch bin ich im Angesicht der Sinnlosigkeit des eigenen Tuns von resignativen Anfällen nicht befreit. Trotzdem glaube ich, dass die einzige Veränderung der Welt von der Veränderung des Einzelnen ausgeht. Der alte, immerjunge Gedanke der Aufklärung, dass man letztlich für sein Tun und Handeln selbstverantwortlich ist. Und wenn es mir auf der Bühne gelingt, mit den Mitteln des Humors und der Konfrontation, eine Gedanken zu pflanzen, der irgendwann gedeiht und in reales Handeln umschlägt, dann ist doch viel erreicht.
Außerdem machen mir meine eigenen Abende großen Spaß, auch wenn es nur wenig zu lachen gibt.
Während im Kunst- und Kulturbereich Grenzen verwischen und sich immer mehr aufweichen bzw. überhaupt ganz verschwinden, ist die Alltagsrealität eine ganz andere mit all den Mauern in den Köpfen, Ängsten und sozialem Neid. Wie kann ihrer Meinung nach die derzeitige Abwärtsspirale aufgehalten werden und welche Rolle spielt dabei ganz allgemein Kunst und Kultur?
Die optimistische Antwort auf diese Frage habe ich oben schon erwähnt. Die pessimistische Antwort aber lautet: Der Einfluss von Kunst und Kultur auf die Gesellschaft halte ich für völlig überschätzt. Zumindest die Kunst, die subversive Gedanken in diese Welt trägt, ist und bleibt eine Minderheitenkultur, denn sie ist wenig massentauglich und wird von der großen Menge der Menschen überhaupt nicht wahrgenommen.
Kunst und Kultur ist also ein Feigenblatt, das man sich auf die große Wunde des Kulturverfalls klebt, um selbst der Illusion zu erliegen, dass der Mensch im Mittelpunkt aller Überlegungen steht.
"Schenk ma no an Wodka ein / Die Welt ist kompliziert", hat 2006 Georg Ringsgwandl gesungen. Seither sind die Wodkapreise gestiegen, so wie die Welt noch komplizierter geworden ist - möglicherweise gibt es da sogar eine Kausalität. Wie finden Sie sich zurzeit in dieser Welt zurecht, oder ist alles weniger kompliziert als viele denken/glauben?
Ich glaube, dass es eine wohlfeile Ausrede ist, sich auf diese Kompliziertheit zu berufen. Die Welt und das Leben waren schon immer kompliziert. Und natürlich leben wir in einer Zeit, in der jeder alles wissen kann. Was aber fehlt ist doch die Neugierde. Wir wollen es gar nicht wissen. Und weil wir wissen, dass wir nicht alles richtig machen können, belassen wir es beim Alten. Wir sind gerade dabei unsere Lebensgrundlage zu zerstören und unseren Kindern eine Welt zu hinterlassen, die für sie nur ein Leben am Limit bereithält. Und wir zucken mit den Schultern? Wir sind der Elefant im Porzellanladen, der nicht einsehen will, dass nicht die Brüchigkeit des Porzellans das Problem ist, sondern er.
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Wenn Satire etwas bewirken würde, wäre sie längst verboten
von Manfred Horak
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