loose-collective-1The Loose Collective, Senkrechtstarter der heimischen Tanz- und Performance-Szene, loten in ihrer Uraufführung von "The Game Game" im Tanzquartier Wien den menschlichen Spieltrieb aus. Von Veronika Krenn.

Was haben Sport, Spiel und Kunstproduktion miteinander gemein? Spielen, um zu gewinnen oder zu gefallen, während die meisten wiederum bloß gerne anderen beim Spielen - und dabei Scheitern oder Gewinnen - zusehen möchten.

Nach ihren sehr unterschiedlichen und erfrischend eigenwilligen Erfolgsproduktionen "Here Comes The Crook" und "The Old Testament According To The Loose Collective", hat sich das Performancekollektiv - das selbstbevorzugt in nicht-hierarchischen Strukturen arbeitet - dem Wettbewerb des Spiels gestellt, in den auch die Kunstproduktion geraten kann. Besser, höher, weiter, konzentrierter - das Ziel ist immer am Maximum orientiert, nur einer kann gewinnen, aber es gibt viele Verlierer.

Siegerhymnen und Fanfaren kontrastieren

loose-collective-3Alex Deutinger, Alexander Gottfarb, Thomas Kasebacher, Marta Navaridas, Anna Maria Nowak (Konzept & Performance) sind unorthodoxe Spieler, eher auf der Loser-Seite als auf der von Gewinnern. In gemusterten Underdog-Joggern, die wohl mehr für Couch-Potatoes denn für Sportfreaks optimal scheinen, interessieren sie sich mehr für das Scheitern und für Limitierungen. Sie üben sich beispielsweise darin, zu springen, oder sich gegenseitig dabei zu behindern. Ihre Sprünge wirken mickrig und rufen nach Optimierung. Deshalb wird kurzerhand von einer weiteren Person nachgeholfen. Ein kleiner Schubs während des Sprungs und man kommt dem sportlich-dynamischen Sprung schon näher, den das Fernsehbild vom Spitzensport so gern in Zeitlupe überträgt. Musikalisch wird dazu extra 'fett' orchestriert und gepusht, Siegerhymnen und Fanfaren kontrastieren die Bilder (Komposition, Sound: Günther Berger, Stephan Sperlich - letzterer von der Band Playbackdolls ).

Inszenierte Bilder von Sport-Events

Die sportlichen Aktivitäten auf der Bühne werden mit einer Kamera dokumentiert und zeitgleich projiziert: Ganz auf einen bestimmten Ausschnitt konzentriert, werden die Stills zu den inszenierten Bildern sportlicher Events. Immer wieder ziehen sich diejenigen, die sich gerade nicht sportlich betätigen und aneinander messen, auf bereit stehende Liegestühle zurück. Sie beobachten die Aktivitäten der anderen aus dem Abseits - ohne die Beobachter der Spiele wären diese nicht das, was sie sind. Für Künstler bestünde wohl, bei einer Orientierung an das Publikum die Gefahr, die künstlerische Kraft und Kreativität zu beschädigen.

Jedes Bild entwickelt eine Eigendynamik

"Was it hard to live up to that picture that was created?", fragt Thomas Kasebacher Marta Navaridas nach einem Auftritt. "Impossible. You see, the picture was so perfect for so long." "But you also helped to create that picture?" "Of course, I did. And a lot of people did." Bilder entwickeln Eigenleben und Eigendynamik und oftmals bleibt der Erzeuger dahinter zurück. The Loose Collective hat in "Here Comes The Crook" mit Witz, Frische und Direktheit bestochen und in "The Old Testament According To The Loose Collective" mit Klarheit und Präzision. "The Game Game" - lässt man die Arbeit in den Wettbewerb mit den vorherigen Arbeiten treten - bleibt dabei leider zurück. Es entsteht der Eindruck, dass sich das Ensemble eher ziellos an der Materie abarbeitet. Zu viele Themen werden zu einem etwas lustlosen, nicht näher definierbaren und daher beliebig wirkenden Brei vermengt. Die gewohnte Frische im Umgang mit einer Thematik wird zu einer Aneinanderreihung von Episoden - und vor allem Texten, deren Zusammenhang nicht immer schlüssig erscheint. Auch wenn zwei - gewohnt geniale - Choreinlagen eine Brise des gewohnten Charmes aufblitzen lassen, bleibt das Publikum mit gemischten Gefühlen zurück. (Text: Veronika Krenn; Fotos: Elsa Okazaki)

loose-collective-2Kurz-Infos:
The Loose Collective: The Game Game
Bewertung: @@@
Kritik zur Uraufführung vom 23.4.2014
Tanzquartier Wien


KONZEPT / PERFORMANCE: Guenther Berger, Alex Deutinger, Alexander Gottfarb, Thomas Kasebacher, Marta Navaridas, Anna Maria Nowak, Stephan Sperlich
SOUNDDESIGN / KOMPOSITION: Guenther Berger, Stephan Sperlich
KOSTÜME: Hanna Hollmann
LICHTDESIGN: Roman Streuselberger
TON: Stefan Ehgartner
DRAMATURGIE: Guy Cools
EINE KOPRODUKTION von Kunstverein Archipelago, Performanceinitiative 22, Tanzquartier Wien