Als gut gemeint, aber am Ende doch "nur" eine nette Annäherung an das politisch ausgeschlachtete Thema Migration/Integration, Identität und dem Melting Pot Wien, stellt sich die Festwochen-Performance "Made in Austria" heraus.
Obwohl Oleg Soulimenko in einem Interview mit der Tageszeitung Die Presse davon überzeugt ist, dass die Besucher von "Made in Austria" nicht wegen des ungewöhnlichen Aufführungsortes dieser gut einstündigen Performance in den Donauturm zu seinem dokumentarischen Erzähltheater pilgern werden, wäre ich mir da nicht so sicher. Leider ist der 160m hohe Turm trotz unspektakulärer 70er-Jahre-Ästhetik das Spektakulärste an diesem Festwochen-Abend.
Während die Besucher in kleinen Grüppchen im Cafe des Turms sitzend mit überwältigender Aussicht auf ein sommerlich grünes Wien in einen romantischen Sonnenuntergang hineinrotieren, performen bzw. erzählen insgesamt 9 DarstellerInnen, die es irgendwann in ihrem Leben nach Wien verschlagen hat, in kaleidoskopischer Anordnung alle 15 Minuten wechselnd unter anderem von ihrer Migrations-Erfahrung. Die kurzweiligen und weder bieder-noch klischeehaft aufbereiteten Lebensschnipsel, ganz im Protokoll-Stil der "Stars" des Doku-Theaters Rimini Protokoll, sind liebevoll gewährte Einblicke dieser BewohnerInnen Wiens unterschiedlicher Couleur. Die 24-jährige Performerin Lana, als Kind eines US-Models und eines Österreichers in den USA aufgewachsen, schätzt in Wien die unglaubliche Lebensqualität und den Luxus hier Ruhe zu finden und versteht dennoch nicht weshalb die Leute auf der Straße und in der U-Bahn so wenig lachen und wegen jeder Kleinigkeit "sudern". Nicht jede/r der Laien wirkt so unbefangen und "bühnenerfahren" wie das Model Lana. Bei anderen wirkt der Einblick in Private ungeschützt und verursacht zwischendurch immer wieder eine etwas beklemmende Atmosphäre. Bedarf es wirklich unbedingt "echter" Menschen, um über dieses ausgereizte Thema zu reden, oder geht es eigentlich hier eh nicht darum?
Auch wenn Soulimenko gerade das Klischeehafte vermeiden will und hinter dem politisch überstrapazierten Thema die Aufmerksamkeit gerade wieder auf die Mitte der Gesellschaft, sprich: die Besucher, rückkoppelt, kommt man sich entweder überfordert vor oder ist eben "nur" angetan von der Sympathie zumeist dilettantischer DarstellerInnen. Die Frage ist auch, ob anrührende Anekdoten und die schöne Aussicht vom Donauturm wirklich den Anspruch erfüllen, eine neue Erkenntnis zu diesem Thema herbeizuführen. Jedenfalls scheint es auch bei den Festwochen ein Trend zu sein sich mit politischen Themen einzuhüllen, aber abgesehen von der anti-theatralen Form des Dokumentars, nicht weiter politisch anzuecken. Und leider ist dieser im Moment überstrapazierte Authentizitätsgebrauch von Laien auch nicht mehr unkonventionell genug, um dem politischen Inhalt einen wuchtigen Impuls zu geben. (Text: Kathrin Blasbichler; Fotos: Armin Bardel)
Kurz-Infos:
Made in Austria
Bewertung: @@
Kritik zur Aufführung am 2.6.2012 im Donauturm bei den Wiener Festwochen