Der Applaus für das Ensemble der "Stallerhof" Inszenierung von David Bösch im Kasino Burgtheater wollte minutenlang nicht abebben. Einmal mehr haben Johannes Krisch und Sarah Viktoria Frick das Publikum restlos begeistert.
Allgegenwärtig prangt ein mächtiger, gekreuzigter Jesus inmitten der Bühne. Darüber schreit uns der Titel des Stückes, welches Franz Xaver Kroetz 1972 verfasste, in blutroten Lettern geschrieben, entgegen. Patrick Bannwart entwarf erneut das Bühnenbild. Deutlich sind, bereits aus der "Adam Geist" Inszenierung bekannte, Elemente wieder zu erkennen. Erneut spielen Kreuze, grotesk gezeichnete Figuren und die Farben Weiß und Schwarz eine große Rolle. Im Mittelpunkt der Handlung steht die geistig behinderte Beppi Staller. Während Beppis Eltern sie kaum anders behandeln als die Tiere auf dem Hof, entwickelt sie zu Sepp, dem Knecht, eine schwierige, verhängnisvolle Beziehung, irgendwo zwischen Missbrauch und Liebe. Aufgrund ihrer geistigen Behinderung, ist es Beppi nicht möglich, zu begreifen, was es bedeutet, sich auf den sehr viel älteren Knecht einzulassen. Beppi wird schwanger, ihre Eltern jagen Sepp vom Hof, er zieht nach München, wohin Beppi ihm später folgt. Als Sepp stirbt, soll Beppi ihren Sohn Georg ins Heim geben. Von Anfang an sind die Kostüme aller Darsteller verschmutzt. Besonders an der Kleidung von Beppi und Sepp ist zu bemerken, dass beide Charaktere am Rand der Gesellschaft stehen. Die Figur Beppi wird eindrucksvoll von der extrem wandelbaren Sarah Viktoria Frick dargestellt. Mit leichtem Hang zur Karikatur zeichnet sie ein naives Mädchen, das sich nichts sehnlicher wünscht als respektiert und geliebt zu werden. Als Symbol für die Flucht in eine glitzernde Traumwelt stehen mehrere Märchen. Immer wieder fordert sie Sepp auf ihr eine Geschichte zu erzählen oder sie setzt sich vor den kleinen Fernseher um sich Disney-Prinzessinnen-Filme anzusehen. Grob greifen ihre Eltern in diese Traumwelt ein, schalten den Fernseher ab und zerstören sogar ihre Filme. Mit Beppis Schwangerschaft konfrontiert, ist die größte Sorge nicht das Wohlergehen von Mutter und Kind, sondern der Klatsch und Tratsch im Dorf. Nie sind die Eltern bereit Verantwortung zu übernehmen. Was gesagt wird besteht aus Sprichwörtern und leeren Phrasen und führt zu keiner Handlung. Krisch entwickelt seine Figur vom rüden, gewalttätigen Landarbeiter zum gerührten Vater, aus dem Gefühle hervorzubrechen beginnen und zeigt damit wieder einmal, dass er zu Österreichs besonderen Schauspielern gehört. Böschs sehr eigene Handschrift, die großartige schauspielerische Leistung und das faszinierende Bühnenbild machen diese Inszenierung zu einem aufrüttelnden Theatererlebnis. (Text: Katharina Fischer und Katja Kramp; Fotos: Anna Stöcher)
Kurz-Infos:
Stallerhof im Kasino Burgtheater
Bewertung: @@@@@
Regie: David Bösch
Bühne und Kostüme: Patrick Bannwart
Ensemble: Sarah Viktoria Frick, Johannes Krisch, Barbara Petritsch, Branko Samarovsk