Hakon Hirzenberger zeigt mit seinem Märchen "Von einem anderen Stern" exemplarisch, wie zeitgenössisches Kindertheater auch sein kann.
Der arme Tischler Hans bricht ein Versprechen, indem er seiner Geliebten Rosina die Haare streichelt, obwohl sie ihn flehentlich gebeten hatte dies niemals zu tun. Die Strafe folgt sofort, Rosina verliert damit eine Wette mit Arthur - vom anderen Stern - und wird auf ihren Heimatplaneten verbannt, auf dem nur die Geldgier regiert. Unterstützt vom Kasermandl, einer Zaubergestalt, die auch als Erzähler fungiert, macht sich Hans zu Arthur auf, welcher natürlich Geld fordert, damit Hans seine Herzensdame zumindest noch mal sehen kann. Arthur, der seinem Planeten alle Ehre macht, verlangt immer mehr Gold und Hans verkauft hierfür schließlich seine tote Großmutter (welch treffendes Spiegelbild unserer Gesellschaft). Als Krönung seiner grenzenlosen Gier lässt sich Arthur dann sogar in einem Sack auf den Grund des Flusses werfen, weil Hans ihm dort unendliche Schätze von einer Seejungfrau verspricht - Hans' letzter Trick, um seine Rosina endlich wieder zu bekommen. Doch zuvor erlöst Hans noch mit einem gehaltenen Versprechen das hilfreiche Kasermandl von seinem Fluch.
Spiegel unserer Gesellschaft
Hakon Hirzenberger schrieb "Von einem anderen Stern" als Märchen, das eine Mischung aus unsrer Welt und der der Fantasie zeichnet. Geschickt bedient er den Mechanismus des Märchens und Mythos, welche den Helden Aufgaben bestehen lassen. Doch die Welt, in der er das ablaufen lässt, stellt einen Spiegel unserer Gesellschaft dar. Betrug in der Ehe, gebrochene Versprechen und Geldgier sind in einem realistischen und daher für junge Menschen wieder erkennbaren Setting angesiedelt. Die Figuren, die darin auftreten, sind jedoch dem klassischen Märchen und der Sagenwelt entnommen. Ob das nun das Tiroler Kasermandl ist oder die verkaufte tote Großmutter, die sich bei Hans Christian Andersen findet. Ohne moralischen Zeigefinger entwickelt Hirzenberger das Stück, das klar macht, dass junge Menschen unverdorben und unreflektiert erkennen, was falsch und was richtig ist. So gerät Hans durch sein gebrochenes Versprechen immer tiefer in den Strudel von Lüge und Betrug, als er allerdings dem Versprechen des Käsers nachkommt, wendet sich alles zum Guten. Interessant ist auch der Realitätsbezug zum Geld, den Hirzenbergers "anderer Stern" der Geldgier ist zwar moralisch verwerflich, aber Geld als solches wird als Notwendigkeit unserer Welt respektiert. Der Appell des Stückes auf Gefühl und Vernunft unverdorben zu hören, verklang bei den begeisterten Kindern im Zuschauerraum nicht ungehört.
Ein Plädoyer für das Gefühl
Das gesamte Ensemble agiert mit enormer Spielfreude. Michel Heil bietet als Tischler Hans eine optimale Identifikationsfigur, Rosina - Florence Matousek - bezaubert mit wunderschöner Gesangsstimme, Sven Sorring gibt den geldgierigen Arthur liebenswürdig schmierig, Phillip Rudig macht aus seinem Lehrer Lind ein sympathisches Weichei. Helmut A. Häusler und Elli Wissmüller ziehen gekonnt alle Register eines streitenden Ehepaares. Und Alexander Vigolini brilliert als cooles, bezaubernd komödiantisches Kasermandl. Unterstützt auch durch die fantasievolle Ausstattung von Andrea Bernd, die z.B. das Kasermandl als eine Mischung von Fluch-der-Karibik-Pirat in Krachlederner auf die Bühne schickt. Ebenfalls Bravo gilt es allen Beteiligten am Innsbrucker Landestheater zu sagen, die dieses Stück auf die Bretter der Kammerspiele gebracht haben. Der Direktion und der Dramaturgie ist zu diesem Schritt nur zu gratulieren. Schön auch, dass man bei der Umsetzung keine Mühen scheute. Erich Uiberlacker kann eine doppelte Drehbühne bedienen, auf der ein Halbzylinder mit verschließbarem Fenster für rasche Szenenwechsel sorgt. Humorvoll sind auch die Liedeinlagen, die vom Ensemble gesungen werden. Wer zeitgenössisches Kindertheater, das den Anspruch erhebt, jungen Menschen den Einstieg in das Medium Theater zu erleichtern, sehen will, muss nach Innsbruck fahren. Oder wie ein junger Mann zu seiner Lehrerin sagte: "Frau Lehrerin, wenn gehen wir wieder ins Theater?" Hakon Hirzenbergers "Von einem anderen Stern" zeigt auf erfrischend entspannte Weise auf, dass junge Menschen den Unterschied zwischen Gut und Böse selbst kennen und ist ein Plädoyer für das Gefühl. Diese Parabel lehrt uns Erwachsene auch es bereits verlernt zu haben. Unbedingt ansehen. (Text: Marius Schiener; Fotos: Rupert Larl)
Kurz-Infos:
Von einem anderen Stern
Ein Märchen über die Gier des Menschen auf dieser Welt
Bewertung: @@@@@
Altersempfehlung: 6+
Regie: Hakon Hirzenberger
Bühne: Erich Üiberlacker
Kostüme: Andrea Bernd
Mit: Helmut A. Häussler, Michel Heil, Florence Matousek, Philipp Rudig, Sven Sorring, Elli Wissmüller, Alexander Virgolini
Weitere Termine:
Tiroler Landestheater/Kammerspiele