Mit "Die Gänsemagd" findet die Trilogie der Grimmschen Märchen-Opern (allesamt Auftragskompositionen der Wiener Taschenoper) ihren Abschluss. Drei waren bei allen drei Produktionen dabei: die Dramaturgin Helga Utz für das Libretto, Jewgenij Sitochin als Regisseur und die Sängerin Theresa Dloughy. Nach dem großen Erfolg von "Das Tapfere Schneiderlein" und "Eisenhans!" lagen die Erwartungen entsprechend hoch. Sie wurden nicht enttäuscht.
Im Dschungel Wien wird das große Geschichtenbuch aufgeschlagen. Bild für Bild wird das Märchen von der Königstochter, die von der Mutter auf die Reise geschickt wird, um einen Königssohn zu heiraten, erzählt. Daheim, im eigenen Schloss, sind die Neckereien ihrer Magd noch ein Spiel, doch ist der Schutz der Mutter einmal verloren, schafft die Stärkere an, was sie will: Rollen tauschen, den Prinzen heiraten und einen Stillschweigeschwur darüber. Bis der Schwindel aufgedeckt wird, kommandiert sie den tollpatschigen Königssohn ordentlich herum. Ihr das richtige Frühstück zu servieren, ist bei solchen Launen unmöglich, auch wenn der Tisch mit den aufklappbaren Speisen einfach zu bedienen ist. Das treue Pferd Fallada kann selbst durch Enthauptung nicht zum Schweigen gebracht werden und so muss die wahre Königstochter zum Glück nicht ewig als Gänsemagd dienen. Die Hochzeit findet wie vorgesehen statt und von der bösen Magd soll nicht weiter die Rede sein.
Dieses Grimm-Märchen über das Erwachsen werden hat Jewgenij Sitochin mit viel Witz und Gespür für die jungen Zuschauer inszeniert. Das Ensemble ist mit sichtbarer Freude bei der Sache: die fürsorgliche Mutter, das freche Kürdchen (Martina Supper), die aufmüpfige Magd (Theresa Dlouhy), das treue Pferd (geschickt gelöst zweibeinig, im braunen Anzug mit Pferdekopf), der ungeschickte Prinz (Sönke Schnitzer) und der dickbauchige König mit beschuhtem Gehstock, der eilfertige Schlachtmeister (Wilfried Zelinka). Einzig die Prinzessin (Anna Manske), so sie von der Regie nicht gerade in eine Choreografie geschickt wird, beschränkt sich leider etwas zu sehr darauf an der Rampe singen. Das aufwändige, vielseitige Bühnenbild zum Umblättern (Roland Olbeter) wurde erst vier Tage vor der Premiere fertig, weshalb es zwar wunderschön anzusehen ist, aber nur wenig bespielt wird. Für die möglichst harmlose Darstellung der Schlachtung Falladas wurde eine effektvolle Lösung gefunden, die leider eine Umbaupause und damit eine Unterbrechung der 65-Minuten Oper erfordert. Mit der anschmiegsamen Musik von Iris ter Schiphorst ist "Die Gänsemagd" in dieser Serie die "einfachste" Kinderoper dieser Trilogie. Mit Keyboard, Cello, Bassklarinette, Akkordeon und einigen Zuspielungen wird das Märchen klanglich fein illustriert. Helga Utz hat ein pfiffiges Libretto dazu geschrieben. Auch den Kindern, egal ob sie älter oder jünger waren als die empfohlenen sieben Jahre, hat es sichtlich gefallen. (Text: Christine Koblitz; Fotos: Taschenoper)
Kurz-Infos:
Die Gänsemagd
Bewertung: @@@@@
Kinderoper nach Gebrüder Grimm
Dschungel Wien
Musik: Iris ter Schiphorst
Libretto: Helga Utz
Altersempfehlung: 7+
Dauer: 90 Minuten inkl. Pause
Wiener Taschenoper
REGIE: Jewgenij Sitochin / BÜHNENBILD: Roland Olbeter / LICHT: Bernd Purkrabek / REGIEASSISTENZ: Barbara Schenter / MITARBEIT BÜHNENBILD: Esterina Zarillo / DARSTELLERINNEN, SÄNGERINNEN: Anna Manske, Theresa Dlouhy, Martina Supper, Wilfried Zelinka / Ulfried Staber, Sönke Schnitzer / MUSIKERINNEN: Christoph Grund, Reinhold Brunner, Alfred Melichar, Maria Frodl
Kritik zur Premiere am 18.2.2010 (16.30 Uhr)