operunterwegs_undine-kritikSie hält was sie verspricht. Die neu gegründete "Oper unterwegs" zeigt eine Inszenierung von Ingeborg Bachmanns "Undine geht", in der man sich nicht nur im Kopf auf die Reise begibt.

Endlich hat die ÖBB mal was richtig gemacht!

Nämlich die Aufführung von "Undine geht" des Ensembles "Oper unterwegs" so zu unterstützen und zu fördern, dass sie überhaupt erst möglich geworden ist. Gespielt wird diese Bearbeitung von Ingeborg Bachmanns Text nämlich nicht auf einer herkömmlichen Bühne, sondern in und um eine fahrende Schnellbahn. Auch diese ist etwas Besonderes, denn man steigt nicht in einen hochmodernen Zug, sondern in die charakteristischen Waggons aus den 1960er Jahren.

ingeborg-bachmann-undineUm 19 Uhr bricht der Zug vom Bahnhof Heiligenstadt auf in die abenteuerliche Reise durch den Text und rundum Wien. Das Stück beeindruckt als theatrale Inszenierung mit unterstützenden, musikalischen Elementen, komponiert von Olga Neuwirth. Bespielt werden nicht nur die Abteile, sondern auch die Bahnhöfe und Stationen, sowie immer wieder auch die Landschaft, die vorüberzieht. In "Undine geht" [aus dem Erzählungsband "Das dreißigste Jahr"; 1961; Anm.] kritisiert Bachmann die patriarchalischen Werte, die den Beziehungen zwischen Männern und Frauen zu Grunde liegen, sie zeigt die stereotypen Rollenklischees auf, in die besonders Frauen immer wieder gedrängt werden. Die Undine ist eine Sagengestalt, die im Wasser lebt. Sie besitzt keine Seele. Sie könnte eine erhalten, wenn sie mit einem treuen, sterblichen Mann ein Kind bekäme. Sie hat also den Drang aus ihrem Meeresumfeld aufzutauchen und sich mit einem Mann einzulassen. Scheitert diese Beziehung, so kehrt die Undine wieder ins Meer zurück und taucht ab bis sie das nächste Mal an Land geht. Und so wird "Undine geht" auch zum wiederkehrenden Zyklus, der sich in dem Motiv der Zugfahrt widerspiegelt. Wenn der Zug zum Schluss in den Bahnhof einfährt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann er wieder aufbricht.

Diese Inszenierung ist auf jeden Fall ein Theatererlebnis der besonderen Art und für alle Bachmann-Freunde und solche, die es werden wollen, ein Muss. So sei den Kennern ihrer Texte und denen, die einen Einstieg in ihr Werk suchen gesagt, noch schnell auf den Zug aufzuspringen, denn "Undine geht" wird mehrmals täglich nur noch bis 2. Juni gespielt. (Text: Katja Kramp; Foto: Sira-Zoé Schmid)

Kurz-Infos:
Undine Geht von Oper unterwegs
Bewertung: @@@@@
S-Bahnhof Heiligenstadt - Gleis 5
Weitere Aufführungen: 31. Mai, 1., 2. Juni
Kartenbestellung: 0664 / 84 077 85
Text: Ingeborg Bachmann,
Konzept, Inszenierung & Logistik: Helga Utz
Ton-Einspielungen: Olga Neuwirth
Darsteller:
Felix Jeiter, Martin Hemmer, Jan Konieczny, Josephine Fabian, Johanna Diekmeyer, Susanne Litschauer, Jessica Rust, Eva Sakalova, Fiona Aschenbrenner, Elisabeth Utz, Emanuel Scheib, Daniel Siegmund, Walther Soyka, Reinhard Malzer, Johannes Malzer, Falko Nickel, Sophie Behnke, Verena Bierl, Martine Lahier, Ingrid Turecek, Christian Guth, Marco Tölzer, Anne Kaffeekanne, Cogar