Neun Jugendliche vom Freedom Theatre Jenin gastierten im Dschungel Wien im Rahmen des Festivals Salam Orient 2009 und brachten durch eine Tanz-Perfomance Geschichten aus ihrem Leben auf die Bühne. Im Anschluss daran wurde zu einer Diskussion zum Thema "Jugend in Krisenregionen" gebeten.
Wenn man in solch einer Region Theater spielt, dann ist es auch ein Darlegen des politischen Standpunktes. Dieser Abend war eine Tanz-Performance, der eine Art Dokumentarfilm vorausging, in dem erklärt wurde, was das Freedom Theatre ist und macht. Kinder können dort kreativ sein, sei es auf der Bühne, sei es auf dem Papier. Jugendliche erhalten eine Schauspielausbildung, die durch Stipendien finanziert wird. Die Bühnenausstattung ist einfach, aber wirkungsvoll. Als Requisite dienen nur große Blechdosen und Holzstöcke. Es wird im Rhythmus geklatscht, gestampft und getrommelt. Gesprochen wird nicht arabisch, sondern "Jibberish" eine Fantasiesprache, die sowohl von Israelis als auch von Palästinensern verstanden wird. Obwohl die Darsteller kraftvoll agieren, alles aus sich und dem Stoff herausholen, bietet der Tanz schon fast zu viel Interpretationsspielraum. So werden einige Szenen nicht konkret genug. Wenn man das Programm nicht gelesen hat, bekommt man manchmal nicht mit, worum es eigentlich wirklich geht.
Einstellung von Grund auf ändern
Keine Frage, diese Jugendlichen im Alter zwischen 18 und 21 Jahren haben einiges hinter sich. Seit ihrer Geburt herrscht in ihrem Land Krieg. Schulkameraden sterben, Selbstmordattentate werden verübt, Mauern und Checkpoints werden errichtet. In einem Land, das seit Jahrzehnten zerrüttet ist und sich mit dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern auseinandersetzen muss, wachsen diese jungen Leute auf, versuchen sich im Leben zu orientieren. Das Theaterprojekt The Freedom Theatre aus Jenin ist dabei mehr als nur Zeitvertreib. Durch Stipendien können die Jugendlichen zu Schauspielern ausgebildet werden und erfahren durch das Spielen, dass es auch ein anderes Leben geben kann. Ein freies Leben, eines ohne Blutvergießen. Die Bühne dient als Sprachrohr. Ein Junge aus der Truppe erzählt, dass es für ihn früher nichts Besseres gegeben hätte, als selbst mal ein Selbstmordattentat zu begehen. Es war für ihn sein höchstes Ziel. Durch das Theaterspielen ist er davon abgerückt, weil er erkannt hat, dass es auch ein Leben abseits des Krieges geben kann. So gesehen ist dieses Projekt Gold wert. Es zeigt, was Theater bewirken kann. Eine Einstellung von Grund auf ändern. Was diese Jugendlichen bewegt, kann sich wahrscheinlich kaum jemand vorstellen, der hier in Frieden leben kann. Was auffällt ist, dass im Stück, während der Diskussion, aber auch im Programmheft, immer nur vom Ende der Besatzung die Rede ist. Es wird nur über Freiheit geredet, nicht über ein Ende des Krieges. Das lässt die Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten eher in die Ferne rücken, als sie zu wecken. (Text: Katja Kramp; Fotos: Freedom Theatre)
Kurz-Infos:
The Freedom Theatre: Fragments of Palestine
Bewertung: @@@@
Die Kritik zur Österreich-Premiere am 21. Oktober 2009 im Dschungel Wien
Im Rahmen von SALAM.ORIENT
REGIE: Juliano Mer Khamis, Micaela Marinda
CHOREOGRAPHIE: Camilla Bakken
RESOURCE DEVELOPMENT / PR: Jenny Nyman
PRODUKTION: Rania Wasfi
DARSTELLERINNEN: Mariam Abu Khaled, Adel Massarwah, Batool Taleb, Moe'men Switat, Eyad Hoorani, Faisal Abu Al Haija', Haroon Abu Arrah, Qais Al Sa'di, Rami Hweel