vogelhaendler01Die Wiener Volksoper startete unter der Regie von Michael Schilhan mit einer Neuinszenierung von Carl Zellers Operette "Der Vogelhändler", die 1891 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde, in die Saison.

Um es gleich vorwegzunehmen: Die Neuinszenierung von Michael Schilhan ist weder Top noch Flop, sondern einfach nur etwas gewöhnungsbedürftig, in jedem Fall aber tatsächlich neu. Die Szenen grenzen teilweise an Persiflage des Genres Operette, sind eng und oft überzeichnet, das Bühnenbild szenenweise ausladend und behindert so die Darsteller in ihrem Aktionsradius vor allem in den Chorszenen. Die Kostüme von Alexia Redl stellen zudem eine Mischung aus schrill, modern und altbacken dar - von überall etwas und oft zuviel. Auffallen um jeden Preis schien die Devise gewesen zu sein. Die Geschichte selbst blieb freilich davon unbeschadet. Zur Erinnerung: In einem kleinen pfälzischen Dorf treiben schon seit längerem Wilderer ihr Unwesen, der Wald ist leergewildert und als sich der Kurfürst kurzfristig zur Jagd ankündigt, herrscht Aufregung und Tumult - es wäre kein Wildschwein mehr aufzutreiben, erzählt man Baron Weps. Jener müsse eben, um einen Skandal abzuwenden, geschmiert werden, beschließen die gefinkelten Wilderer. Als der Kurfürst jedoch die Jagd absagt, scheint das Schmiergeld verloren und so beschließt der Baron, seinen nicht sehr durchgeistigten Neffen Stanislaus als Kurfürsten auszugeben.

Ein fixer Posten muss her

vogelhaendler6vogelhaendler13Inzwischen sind die Tiroler mit ihrem Vogelfänger Adam angekommen, bringen neues Leben in die kleine Runde. Adam möchte endlich seine Briefchristel heiraten, aber diese möchte keinen umherziehenden Vogelhändler zum Mann, ein fixer Posten muss her. Etwas naiv begibt sich Christl zum vermeintlichen Kurfürsten in Privataudienz, um diesem einen Posten als Menagerie-Inspektor zu verschaffen, unwissend mit wem sie es zu tun hat. Kurfürstin Marie ist ihrem Mann nachgereist, glaubt aus diesem Vorfall mit Christl eine Bestätigung für die Untreue ihres Mannes bekommen zu haben und sie findet ein wenig Gefallen an dem naturbelassenen Tiroler Adam, welcher sich im Zorn von Christl angewendet hat. Letztendlich lösen sich alle Verwicklungen auf, als Christl Stanislaus als falschen Kurfürsten entlarvt, Adam bekommt seine Christl und den neuen Posten,  Marie ist beruhigt, dass alles doch ganz harmlos war.

Sängerin mit Opernqualitäten

vogelhaendler3vogelhaendler8Mit dem Dirigenten Henrik Nánási haben manche der Sänger so ihre liebe Not, sie hoppeln ihm hektisch hinterher, die Szenen des Chores sind manchmal sehr laut und mehr auf Effekt als auf Musikalität aus, kurzum: sie sind teilweise mehr oder weniger überfordert. Daniel Prohaska als Adam ist bemüht, hält brav das Tirolerische durch, die Stimme kommt jedoch mit den Anforderungen der Rolle nicht ganz zurecht. Er forciert die Höhe über Druck und klingt manchmal eher nach Musical, als nach Operette. Schön, seine ruhigen Passagen im Duett "Schenkt man sich Rosen in Tirol" oder im "Ahnllied". Birgid Steinberger ist eine eher farblose Marie, aber so ist eben diese Rolle, etwas schrill in der Höhe, auch bei ihr gelingen die nicht forcierten Soli am besten, sehr berührend das "Kirschbaumsolo". Kurt Schreibmayer hat mit den Tempi des Dirigenten so seine liebe Not, sonst spielt er sympathisch wie immer und ist ein passabler Baron Weps. Sehr lustig der Stanislaus von Jörg Schneider, jener ist für diese Rolle perfekt besetzt. Gut und amüsant ist Regula Rosin als alte Jungfer Baronin Adelaide. Das absolute Highlight des Abends bleibt allerdings die Darstellerin der Christl, Anna-Nina Bahrmann. Sie überzeugte nicht nur durch ihre Optik und ihr Spiel, sondern vor allem durch ihre sauber geführte Sopranstimme, die sich deutlich vom restlichen Ensemble absetzte, schön sitzende Tiefe und Mittelllage, sichere Höhe, eine Sängerin die Opernqualitäten besitzt und von der wir, so glaube ich, noch viel hören werden, einzig die Spitzentöne könnten eine Spur weicher kingen.

Es hat sich nichts geändert

Was bleibt also übrig? Viele Lacher auf Seiten der Komiker Gerald Pichowetz (Süffle), Gerhard Ernst (Würmchen), Jörg Schneider (Stanislaus), ein gutes Spiel, gute Dialoge, weniger "Lärm" und mehr "Musik" hätten der Inszenierung jedoch gut getan. Was noch? Natürlich: eine Entdeckung des Abends plus Achtungserfolge. Wie bringt es Kurt Schreibmayer als Weps auf den Punkt: "Es passt..." Korruption hatte übrigens schon immer Saison - auch 1891. In der Gegenwart anno 2009 hat sich diesbezüglich nichts geändert. (Text: Karin C. Ruprecht; Fotos: Dimo Dimov / Volksoper Wien)

Kurz-Infos:
Der Vogelhändler
Bewertung: @@@
Operette in drei Akten
Musik: Carl Zeller
Zu sehen bis 29. Dezember 2009 in der Wiener Volksoper