1968 startete Georg Danzer mit einem harmlosen Lied namens "Vera" seine Musikerkarriere, nun, knapp 40 Jahre danach, erhielt er – wie ja hoffentlich bestens bekannt - spät, aber doch im Rahmen von "Amadeus Austrian Music Award" den Amadeus für sein Lebenswerk verliehen. Quasi zeitgleich mit der Verleihung öffnet Georg Danzer erneut seine Archive und veröffentlicht "Raritäten II".

Auf "Raritäten II" ist ein Danzer zu hören, wie er am Anfang seiner Karriere steht, bei der er vor Harmlosigkeit nur so strotzte, und darüber hinaus auch wie ein Stimmklon von Udo Jürgens klang. Danzer darüber: "Es gab damals nicht sehr viel Referenzen. Hätte man so singen sollen wie Peter Alexander das war uncool gewesen. Damals hätte man sicher nicht uncool gesagt, sondern ned leiwand oder so was. Aber Tatsache ist, dass der Peter Alexander schon so den Schlagersängerstatus hatte, während Udo Jürgens mehr so der Chansonsänger war. Und seine Art Hochdeutsch zu singen noch erträglich war im Gegensatz zu dem Hochdeutsch wie es halt im deutschen Schlager damals üblich war."

Danzer auf Identitätssuche

Ein Teil der Spurensuche bestand aber auch darin Lieder in englischer Sprache zu singen. Formationen wie The Steps und Pinewood Garden [ein Pseudonym einer Gruppe, die es nicht gab; Anm. GD] zeugen von dieser Identitätssuche. Danzer: "Ich wollte damals alles ausprobieren was möglich war. Ich war sehr jung und ich hab einfach ausprobiert. Herumprobiert. Es sind ja gewisse Dinge die ich heute singe, wenn ich mir diese Lieder im Original anhöre, ganz komisch, mir fällt kein besseres Wort ein. Komisch." Diese beiden Songs – You Got Me und Show Me lehnen sich ohne Anspruch an Innovationsgedanken sehr direkt und deutlich an die Beat-Szene Mitte der 1960er Jahre an und waren von daher bereits bei Erstveröffentlichung 1971 nicht mehr zeitgemäß – wenn man von dem Umstand absieht, dass Österreich immer schon ein wenig hinterher hinkte.

Weitaus interessanter ist dafür die Rückseite von Heit bin i wieder fett wie ein Radierer von Die Jollys, nämlich das Lied I steh auf di. Erschienen im Jahr 1972 markierte das Lied eine Abkehr von Internationalität und zielte voll auf Lokalkolorit ab, Stichwort Schrammeln, nicht so extrem wie später Roland Josef Leopold Neuwirth, und vielleicht auch nicht so goschert wie Kurt Sowinetz, auch nicht so progressiv wie Franz Bilik und auch nicht so garstig wie Reinhard Liebe, aber dennoch ziemlich munter. Vor allem markiert dieses Lied gewissermaßen einen Wendepunkt im Schaffen von Georg Danzer: "Ich war in dem Alter sehr unsicher, auf der Suche nach einem Weg, nach mir, nach Selbstdarstellung. Ich hab John Lennon sehr verehrt, vielleicht mehr als Bob Dylan, und der Weg war lang, bis ich – in den letzten 20 Jahren – zu mir selber gefunden habe." Diese Verquickung von Lennon/Dylan und Schrammel-Schmäh ist sozusagen das, was Danzer immer ausgemacht hat einen besonderen Stellenwert in der deutschsprachigen Liedermacherszene einzunehmen. Der Weg Mitte der 1970er Jahre mag zwar weiterhin weit und mitunter steinig gewesen sein, aber es waren bereits die ersten Zeichen künstlerischer Reife erkennbar, ein erstes Erlangen künstlerischer Eigenständigkeit. Einige Lieder – egal, ob er dabei grandios gescheitert ist, oder ob diese tatsächlich künstlerisch wertvoll sind – zeugen von diesem langsamen Finden, und irgendwann, man weiß es nicht, war es bereits bei Leo Langbein (1975) oder erst bei Charly (1977), denkt man sich: Ja, das ist er – der Schorsch, wie wir ihn kennen und wie wir ihn immer liebten, schätzten und verehrten.

Und somit kommen wir zu den feinen Raritäten

Einfach schön Ich glaub ich mag dich aus dem Jahr 1979, grandios Der Hang zum Personal (1983) und Sonntag (1985), ersteres war die geniale B-Seite vom mäßigen Es ist so schön ein Schwein zu sein, letzteres war die essenzielle B-Seite vom ebenbürtigen Ihr seid alle so normal – Lieder, die mir immer besonders am Herzen lagen. Hoch interessant die B-Seite von Doppelgänger (1986), mit dem Titel Schlaf mit mir, das von der Stimmung (und teilweise auch vom Sprechgesang) her sehr viel von Falcos Jeanny (1985) inne hat. Im letzten Drittel von Raritäten II gibt es dann etliche bis dato unveröffentlichte Live-Versionen mit verschiedenen Musikerfreunden und Stargästen, u.a. ziemliche gelungene Aufnahmen von Feine Leute, Loch amoi und Ruhe vor dem Sturm - letzteres wurde 2001 im Rahmen eines Konzerts im Ronacher gemeinsam mit Gandalf gespielt - sowie das zum Niederknien gute Vorstadtcasanova mit Beckermeister aus dem Jahr 2005.

Höhen und Tiefen

Klingt jetzt alles nach einem Album, das ausnahmslos herausragendes Songmaterial versammelt, was aber nicht der Fall ist, denn zwischendurch gibt es immer wieder große Schwächen, wie z.B. Der Gürtelpülcher (1991), das spätestens nach dem dritten Mal hören vernachlässigbar ist, ein ziemlicher Tiefpunkt findet sich mit Wiener Trilogie auf dem Album, das Danzer gemeinsam mit Adi Hirschal aufnahm. Heraus kam dabei eine ziemliche Peinlichkeit. Mehr als versöhnlich hingegen das letzte Lied auf dem Album – Ich lass dich nicht im Stich (2001). Danzer: "Ich hab mir gedacht jetzt schreibst du einmal ein Lied für Kinder. So irgendwas Lustiges, Nettes. Und das Lied ist mir nie mehr so aus dem Kopf gegangen, weil ich die Reime auch witzig fand. ... Wenn der Himmel, dir auf den Kopf fällt und kein Deckel mehr auf den Topf... das hat so etwas Pippi Langstrumpf das Lied. Und immer lag es bei mir  - symbolisch gesprochen – in der Schublade herum und das hat mich immer geärgert. […] Ich glaub das ist das was man als Eltern oder als Umwelt bei Kindern überhaupt am wenigsten außer Acht lassen sollte. Dass man Kindern das Gefühl vermittelt sie sind nicht im Stich gelassen, sie werden geliebt, angenommen, warm gehalten, umarmt, umsorgt, befürsorgt. Nicht nur für Erwachsene, ganz besonders für Kinder ist das Gefühl im Stich gelassen zu werden etwas ganz schreckliches." //

Text: Manfred Horak

CD-Tipp:
Georg Danzer - Raritäten II
Musik: @@ bis @@@@@@
Klang: @@ bis @@@@@
Label/Vertrieb: Amadeo/Universal (2007) 

Link-Tipps:
Dead & Gone: Georg Danzer (1946 - 2007)
Georg Danzer über "Raritäten II" (Podcast)
CD-Kritik "Träumer"
Bericht über die CD "Von Scheibbs nach Nebraska"
Interview mit Georg Danzer: Wir haben deswegen so viel Kultur, weil es uns gut geht