Douglas Linton hat mit seiner Band The Plan Bs das Debüt-Album "Gloryland" fertig gestellt. Ein Gespräch über Songwriting-Erkenntnisse, Bob Dylan und vieles mehr.
Kulturwoche.at: Wie lange habt ihr an eurem ersten Album Gloryland gearbeitet?
Alex Gantz: Zeitlich haben wir uns keinen Druck gemacht, wichtiger war es für uns, den Sound der Band und den Charakter der Songs live in einem großen Raum einzufangen. Wir reagieren recht feinfühlig auf kleine musikalische Nuancen und finden, dass das ein essenzieller Bestandteil unserer Musik ist - wir haben uns also alle im Kreis aufgestellt und losgelegt. Die Basic Tracks wurden in zwei solcher Sessions aufgenommen, mit den Overdubs und dem Mix haben wir dann im letzten Herbst begonnen.
Douglas, du bist ja ein Fan von Bob Dylan. Warum fasziniert dich Dylan?
Douglas Linton: Nun, du bist ja selbst ein Fan von Dylan, Robert, du solltest das selbst wissen (lacht). Ich hatte das Glück, in einer Zeit aufzuwachsen, in der Bob Dylan ein produktiver Künstler war - und das ist ein Kommentar für die Ewigkeit. Es ist so, als würde ich sagen, ich weiß, wie es ist, sich auf das nächste Gedicht von John Donne oder die nächste Rodin-Skulptur zu freuen. In einen Plattenladen gehen und Infidels oder World Gone Wrong oder Oh Mercy kaufen zu können und keine Ahnung zu haben, was dich da erwartet - was ist das für ein Vergnügen! Dann auch noch großartige Outtakes wie Blind Willie McTell oder Foot of Pride zu hören und zu wissen, dass sie es nicht einmal auf ein Album geschafft haben! Ich habe das Glück, in einer Zeit am Leben zu sein, in der ein großer Künstler wie Dylan über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahrhundert so großartige Werke produziert. Er hat seinem Publikum so viel gegeben.
Inwiefern hat die Beschäftigung mit Dylan einen Einfluss auf euer Songwriting?
Douglas Linton: Nun, er die Tore geöffnet hat, was einen Popsong angeht. Einer meiner Literaturlehrer an der Universität sagte uns, dass Songtexte nicht als Poesie angesehen werden können, weil man damit nicht einen Fluss hinunterfahren kann, ohne sich beim Rezitieren zu langweilen. Ich dachte sofort bei mir - was ist mit Tangled Up in Blue? Der Text dieses Liedes könnte dich den Amazonas hinunter und zurück bringen (schmunzelt)! Neben dem Inhalt der Texte ist eine andere Sache, die Dylan wirklich liebt, sein Rhythmus und seine Phrasierung. Nimm Songs wie Tangled Up in Blue oder Isis - der in den Worten verkörperte Rhythmus ist - für einen Sänger - personifizierte Freude. "Jetzt gehe ich wieder zurück / ich muss sie irgendwie erreichen." Oder es gibt eine Zeile in Summer Days vom 2001er Album "Love and Theft", die einfach für immer weitergeht! Wie alle diese Wörter in den rhythmischen Rahmen der Musik hineinpassen, ist meisterhaft. Das sind also alles Werkzeuge und Möglichkeiten, die du in deine Songs und in deine Phrasen einbringen kannst, wenn du lernst, wie man sie benutzt.
Alex Gantz: Ich denke, alles, was man zirka bis zu seinem 15. Lebensjahr hört, prägt einen stark und nimmt - direkt oder indirekt - Einfluss darauf, welche musikalischen Entscheidungen man später beim Songwriting oder beim Arrangieren trifft. Douglas und ich sind etwa gleich alt und mit dem Dylan um 1980 groß geworden, uns verbindet also eine Liebe zu vielgeschmähten Werken wie Slow Train Coming, dem Budokan-Live-Album oder Infidels. Unlängst hab’ ich mir nach langer Zeit wieder Shot of Love angehört - was für eine Platte... - und die Band mit Jim Keltner, Tim Drummond, Fred Tackett und Benmont Tench war eine seiner besten. Wir haben das große Glück, eine Unzahl solcher musikalischer Primärerfahrungen zu teilen, das hilft enorm, weil wir instinktiv ahnen, von welchem Ort der Impuls des jeweils anderen kommt.
Ihr habt im Herbst 2019 mehrere Konzerte mit dem Sohn von Doug Sahm [Texas Tornados, Sir Douglas Quintett; Anm.] gespielt. Wie war diese Zusammenarbeit?
Douglas Linton: Das war ein wahrer Genuss! Shandon Sahm ist so ein Energiebündel und ein großer Live-Performer - er hat von einem der ganz Großen gelernt. Einer der Songs, die wir gemacht haben, war Be Real, ein sehr gefühlvoller Song. Wir haben es beim Soundcheck gespielt und ich habe versucht, es mit dem emotionalen Gewicht zu singen, das es verdient hat. Als es vorbei war, sagte Shandon: "Oh ja, Dad hat dieses Lied für meine Mutter geschrieben." Das sind wirklich sehr persönliche Dinge! Ich denke, wir haben uns gut ergänzt, weil wir Musik aus einer ähnlichen Perspektive betrachten. Der Groove ist ein wichtiges Element des Plan B-Sounds. Außerdem haben Doug Sahm und ich denselben Geburtstag (6. November), also gibt es diese mystische Verbindung. Ich sollte auch sagen, dass es ein Privileg war, in die Familie der Sir Doug-Fans eingeladen zu werden. Wir haben beim Live-Konzert in der Local-Bar einen Song von Doug Sahm gestartet und sofort haben sich alle auf den Groove eingelassen - es war wirklich ein toller Anblick, zu sehen, wie viel die Musik für die Fans bedeutet.
Was ist für dich das Besondere daran, ein Teil von The Plan Bs zu sein?
Matthias Ihrybauer: Durch die Größe der Band, immerhin sieben Leute, fühlt es sich für mich wie eine Schulklasse an, in der alle Klassenkameraden der absolute Hammer sind! Diese Menschen haben ihre Hausaufgaben gemacht, musikalisch wie persönlich. Jeder Gig ist wie eine Exkursion, auf die man sich wochenlang freut und von der man noch lange zehrt. It's a great ride with these guys!
Welche drei Platten würdet ihr auf eine einsame Insel mitnehmen?
Douglas Linton: Washington Phillips: The Key to the Kingdom - speziell wegen dem Song Honey In the Rock, der aber gar nicht von W. Phillips ist... - sowie Chet Baker: Sings und von Talking Heads: The Name of this Band is...
Alex Gantz: The Beatles: White Album , von David Sylvian Secrets of the Beehive und von Muddy Waters Mississippi Live
Roman Kovacs: Von John Scofield Piety Street, von Frank Zappa The best band you never heard in your life und von Miles Davis The man with the horn
Matthias Ihrybauer: Fireball von Deep Purple, sowie von Miles Davis Kind of Blue und von Yes Fragile
Helmut Schiefer: Von Frank Zappa Joe's Garage, von José James No Beginning No End und von Krzysztof Penderecki Miserere - damit es auf der Insel auch einsam bleibt. //
Interview: Robert Fischer
Fotos: Johannes Wahl
Homepage:
Douglas Linton & The Plan Bs
CD Präsentation:
30.10.2020 in der Sargfabrik Wien